Hintergrund: Verpackungsgesetzt in Kraft – Wirkungen offensichtlich
Am 1.1.2019 ist das Verpackungsgesetz in Kraft getreten. Die 18-monatige Übergangsfrist seit der Verabschiedung hat die Erwartungen und auch Emotionen hochschlagen lassen. Wie sieht die Situation nach über 12 Monaten Wirkungsweise des Verpackungsgesetzes nun aus? Hier ist sehr differenziert vorzugehen. Es gibt gute und weniger gute Erfahrungen, es gibt eine starke mediale Überlagerung aus der Antiplastikdiskussion sowie zusätzliche Einflüsse aus der EU-Gesetzgebung und der EU-Plastics Strategy.
Positiv ist hervorzuheben, dass die Zentrale Stelle Verpackungsregister in Osnabrück planmäßig nach intensiver Aufbauphase ihre Tätigkeit aufgenommen hat und entsprechend Verpackungsgesetz auch „geliefert“ hat. Dazu gehört vor allem die termingerechte Inbetriebnahme des IT-Systems LUCID, der Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen und der Mindeststandard zum recyclinggerechten Design.
Die Registrierungspflicht in Verbindung mit dem IT-System LUCID hat aufgedeckt, dass noch immer sehr viele Inverkehrbringer von befüllten Verpackungen sich ihrer Verpflichtung entziehen und keine oder zu wenig Lizenzentgelte zahlen. 2000 Fälle von Ordnungswidrigkeiten wurden kurz vor der Sommerpause an die Vollzugsbehörden in den Bundesländern übergeben. Die Registrierungspflicht hat auch zu einer Verunsicherung bei IK-Mitgliedern dadurch geführt, dass Kunden diese oft an die Verpackungshersteller delegieren wollten. Hier hat die IK-Geschäftsstelle 2019 viel Aufklärungsarbeit geleistet.
Der Mindeststandard, zu dessen Entwicklung in einem Expertenkreis der Zentralen Stelle auch IK-Experten beigetragen haben, hatte bereits als Entwurf eine positive Wirkung dahingehend erzielt, dass recyclinggerechtes Design nunmehr als eine Schwerpunktaufgabe in der Kette insbesondere zwischen Verpackungsherstellern und Abpackern angesehen wird. Der Mindeststandard, der sich nach dem Gesetz an die dualen Systeme richtet, wird allerdings im Markt vornehmlich von den Inverkehrbringern als Handlungsanleitung in Form einer Design-for-Recycling-Richtlinie und damit als Grundlage von Einkaufsentscheidungen gesehen.
Diese nicht vom Gesetzgeber intendierte Wirkung trägt einerseits dazu bei, dass der Druck auf die Verbesserung des recyclinggerechten Designs enorm zugenommen hat, andererseits kann der Katalog hierdurch innovationshemmend wirken.
Die IK setzt sich dafür ein, dass bei der Veröffentlichung des Mindeststandards der Aspekt der jährlichen Fortschreibung und der Innovationen zur Verbesserung des recyclinggerechten Designs, die natürlich eine gewisse Zeit benötigen, entsprechend hervorgehoben wird.
Während die Diskussion über die Verbesserung des recyclinggerechten Designs im Wesentlichen entlang des Mindeststandards verläuft, ist die andere Zielstellung des § 21 des VerpackG, den Rezyklateinsatz und den Einsatz nachwachsender Rohstoffe zu fördern, weitaus schwieriger zu operationalisieren.
Hier beabsichtigt das BMU, eine Rezyklatinitiative mit den beteiligten Stakeholdern zu starten (die auch über den Verpackungsbereich hinausgeht), um einen deutlich erhöhten Einsatz von Rezyklaten in Verpackungen und anderen Kunststoffprodukten zu erzielen. Die IK arbeitet bereits an Konzepten mit Partnern in der Wertschöpfungskette.
Wie geht es nun weiter mit dem Verpackungsgesetz? Eine Novelle ist bereits für 2020 geplant, sowohl um das EU-Kreislaufwirtschaftspaket mit der EU-Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle als auch die Single Use Plastics Directive in nationales Recht umzusetzen. Die IK wird darauf hinwirken, dass es bei einer Eins-zu-Eins-Umsetzung bleibt und keine alten Konflikte aus der Zeit der Diskussion des Wertstoffgesetzes ausgegraben werden. Der Gesetzgeber selbst hat sich für 2022 einen Überprüfungstermin für den § 21 des VerpackG vorgegeben, der sollte auch eingehalten werden.
Verbot von Plastiktüten
Auch der verabschiedete Gesetzesentwurf von Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Verbot von Plastiktüten mit einer Wandstärke unter 50 Mikrometern, wurde bereits von der IK kommentiert. Die IK versucht hier der offensichtlichen Diskriminierung von Kunststoff gegenüber Wettbewerbsmaterialien entgegenzuwirken. Die IK kommt zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber nicht ausschließlich die Industrie, sondern in erster Linie das Verhalten der Verbraucher bestrafen sollte, die ihre Abfälle unkontrolliert in die Umwelt werfen.
Auswirkungen EU-Plastics Strategy
Auf europäischer Ebene bestimmt die Umsetzung der 2018 verkündeten „Plastics Strategy“ die politische Agenda und bringt tiefgreifende Veränderungen am Verpackungsmarkt. Die bereits im Juli 2019 in Kraft getretene EU-Richtlinie zu „Single-Use Plastics“ zeigt das hohe Tempo, mit der die Kommission hierbei vorangeht. Durch diese neue Richtlinie, die das Littering durch besonders häufig an europäischen Küsten gefundene Kunststoffgegenstände beschränken soll, werden erstmalig bestimmte Einwegkunststoffprodukte, darunter nicht nur Verpackungen, gezielt mit weit reichenden Maßnahmen versehen.
Diese schließen die Vorschriften zur Produktgestaltung sowie Marktverbote, etwa für Einweggeschirr, mit ein. Erstmalig wurde auch die erweiterte Herstellerverantwortung für bestimmte Produkte ausgedehnt, so dass die Hersteller an den Kosten der Bewusstseinsbildung und der Abfallbeseitigung im öffentlichen Raum beteiligt werden können. Besonders betroffen sind im Verpackungssektor die Hersteller von Serviceverpackungen sowie die Hersteller von Getränkeverpackungen, deren Verschlüsse ab 2024 fest mit dem Flaschenkörper verbunden sein müssen. Die IK begleitet aktiv die weitere Umsetzung der neuen Direktive, auch in der Normung für diese Verschlüsse.
Im Bereich der Litter-Bekämpfung fokussiert die Kommission nun auf Maßnahmen zur Reduzierung von Mikroplastikeinträgen in die Umwelt, die auch den Verlust von Kunststoffgranulaten betreffen werden. Die Teilnahme aller Kunststoff verarbeitenden IK-Mitglieder an der freiwilligen IK-Initiative „Null Granulatverlust“ ist vor diesem Hintergrund dringend geboten, um den politischen Gestaltungsspielraum der Industrie zu nutzen. Daneben ist der Ausbau der Kreislaufwirtschaft der andere große Part der Kunststoffstrategie der EU-Kommission. Hier läuft derzeit die Vorbereitung zu einem wichtigen Gesetzesvorhaben.
Durch die Überarbeitung der „grundlegenden Umweltanforderungen“ (essential requirements) an Verpackungen verfolgt die Kommission das Ziel, dass bis spätestens 2030 alle Kunststoffverpackungen am Markt recyclingfähig oder wiederverwendbar sein sollen, und zwar unter ökonomischen Gesichtspunkten. Nicht stofflich verwerteten Verpackungen droht sogar der Entzug der EU-Marktzulassung. Derartige Markteingriffe würden nach IK klar zu weit führen, denn sie hätten eine ökologische Fehlsteuerung zur Folge, auch und gerade in Punkto CO2-Bilanz. Sinnvoller ist demgegenüber der Ansatz, monetäre Anreize zur Förderung der recyclinggerechten Verpackungsgestaltung, wie sie in Deutschland bereits existieren, gesamteuropäisch auszuweiten und stärker zu harmonisieren. Auch diesen Ansatz verfolgt die EU-Kommission unter der Überschrift „Eco Fee Modulation“.
Die IK beteiligt sich an beiden Prozessen in Zusammenarbeit mit weiteren Verbänden der Wertschöpfungskette und setzt sich insbesondere für ökologisch zielführende Steuerungsinstrumente sowie den Erhalt der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands ein.
Circular Plastic Alliance
Des Weiteren verfolgt die EU-Kommission das Ziel, dass bis zum Jahr 2025 zehn Millionen Tonnen Rezyklate zu neuen Kunststoffprodukten verarbeitet werden sollen und hat alle Industriezweige zu freiwilligen Selbstverpflichtungen aufgerufen. Um die bestehenden Hürden beim Rezyklateinsatz abzubauen, die in vielen Anwendungen unter anderem mit der unzureichenden Verfügbarkeit geeigneter Rezyklatqualitäten zu tun haben, braucht es einer gemeinsamen Kraftanstrengung der gesamten Wertschöpfungskette.
Dies zu leisten ist das Ziel der von der Kommission gegründeten Circular Plastics Alliance, an der sich zahlreiche Wirtschaftsverbände und Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen beteiligen. Auch gesetzlich vorgeschriebene Einsatzquoten für Rezyklate werden derzeit intensiv diskutiert. Die IK bringt sich in diese laufende Diskussion auf europäischer und deutscher Ebene mit ein und hat der Politik alternative Maßnahmenvorschläge zur Förderung des Rezyklateinsatzes unterbreitet.
Weitere Informationen zu den Aufgaben, Engagements und Zielen der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. können Sie dem IK Jahresbericht 2018/19 entnehmen.