Wie steht’s eigentlich um Kunststoff in Europa?
Wussten Sie, dass in Europa (EU28 + Norwegen und die Schweiz) im Jahr 2018 über 9,4 Millionen Tonnen Plastik ins Recycling geflossen sind? Dass Rohre aus Kunststoff, die im Bausektor eingesetzt werden, mehr als einhundert Jahre halten? Und dass getrennt gesammelter Abfall zehn Mal besser recycelt werden kann als eine Sammlung gemischter Abfälle? Diese und weitere Fakten rund um das Thema Kunststoff vermittelt der neue PlasticsEurope-Report „The Circular Economy for Plastics – A European Overview“.
Mehr noch: Der Report zeichnet ein umfassendes Bild vom Kunststoff-Lebenszyklus und schafft mit anschaulichen Statistiken Transparenz bei Aufkommen und Verwertung von europäischen Kunststoffabfällen. So entsteht ein besseres Verständnis dafür, wo es bei der Zirkularität von Kunststoffen noch hakt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um hier besser zu werden.
Europäische Ziele sind abgesteckt
Denn in der Zielsetzung selbst herrscht längst Einigkeit. Die Europäische Kommission legte 2018 ihre europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft vor; PlasticsEurope veröffentlichte parallel die Selbstverpflichtung Plastics 2030, ebenfalls mit dem Ziel, Kunststoff „zirkulärer“ zu machen. Die Kreislauf-Marschroute: Einträge von Kunststoffabfall in die Umwelt nachhaltig verhindern helfen, mehr Abfälle in Rezyklate umwandeln, Ressourcen generell effizienter einsetzen und so niedrigere Treibhausgasemissionen erreichen.
Fenster, Bohrer, Sportschuhe: Rezyklate im Einsatz
Apropos Rezyklate: Fortschritte in dem Bereich sind längst keine Zukunftsmusik mehr, sondern schon auf dem Markt. Ein Beispiel hierfür ist der Bausektor, in den 46 Prozent aller Kunststoff-Rezyklate fließen – sei es im Straßenbau oder für Fenster und Böden. Mittlerweile beträgt der Anteil an Rezyklaten in diesem Segment bereits 14 Prozent. Aber Kunststoff-Sekundärrohstoffe finden sich nicht nur hier, sondern auch in Bohrern, Warnlichtern oder sogar Turnschuhen. So konnten Sneaker entwickelt werden, die aus nur einem einzigen Kunststoff bestehen und dessen Bestandteile leichter recycelt werden können.
Der Lebenszyklus von Kunststoffen
Um den Fortschritt hier weiter anzutreiben, braucht es Sachkenntnis und Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Deshalb informiert der Report mit zahlreichen alltagsnahen Beispielen über den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen. Er zeigt, dass Kunststoffprodukte oftmals eine lange Anwendungszeit haben – und das geht weit über Rohre aus Kunststoff hinaus. Immerhin rund 60 Prozent aller Produkte haben eine Nutzungsphase, die von einem Jahr bis zu mehr als fünfzig Jahren reicht. Dies erklärt auch, warum die jährliche Kunststoff-Abfallmenge in Europa (29,1 Mio. t) erheblich kleiner ist als die produzierte Menge (56,1 Mio. t) eines Jahres.
Aber was passiert am Ende des Tages mit dem Kunststoffabfall in Europa? Noch immer landen große Mengen davon auf Deponien – in 2018 waren es etwa 25 Prozent des gesamten Abfalls. 43 Prozent wurden energetisch verwertet und 32 Prozent dem Recycling zugeführt. Wobei die Tendenz eine deutliche Sprache spricht: Seit 2006 hat die Deponierung von Kunststoffabfällen stetig abgenommen, während das Recycling parallel zulegte. Doch wie kann sichergestellt werden, dass sich dieser Trend fortsetzt und die Ressource Kunststoff künftig noch besser im Kreislauf geführt wird?
Recycling stärken: Was braucht’s?
Als erfolgsversprechend listet der Report europaweite Maßnahmen gegen die Deponierung auf – entsprechende Verbote durch die Gesetzgeber hätten bislang stets zur Stärkung des Recyclings beigetragen, so der Bericht. Als weitere Maßnahme für höhere Recyclingmengen werden Investitionen in Sammelsysteme und Sortiertechnologien genannt. Hierzu zwei weitere Zahlen aus dem Report: 2018 ließ sich getrennt gesammelter Abfall in Europa zu 62 Prozent rezyklieren – gemischt gesammelter Abfall lediglich zu sechs Prozent. Die Zahlen zeigen, dass es neben einem größeren Bewusstsein in der Bevölkerung beim Thema Abfalltrennung auch intelligente Trennsysteme für mehr und besseres Recycling von Kunststoffprodukten braucht.
Dort, wo das Recycling trotzdem an Grenzen stößt, gibt der Report dem chemischen Recycling eine wichtige ergänzende Rolle. So können aus stark vermischten oder verschmutzten Kunststoffabfällen unter anderem Öle und Gase gewonnen werden, die wieder in Polymere umgewandelt werden.
Den informierten Diskurs fördern
Mit dem Report „The Circular Economy for Plastics – A European Overview“ leistet PlasticsEurope einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Information über die Potenziale und Herausforderungen bei der europäischen Kreislaufwirtschaft. Die Publikation wendet sich an politische Interessensvertreter in Europa, ist Nachschlagewerk für Verbände und andere Organisationen oder auch Lektüre für Bürgerinnen und Bürger – und schafft so die Basis für einen informierten europäischen Diskurs zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Die Studie wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert, um Fortschritte zu dokumentieren und weitere Ergebnisse vergleichbar aufzubereiten. Den Report können Sie direkt herunterladen.