2019 sei das erste Jahr seit Langem mit Umsatzrückgang gewesen, berichtete der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) jüngst auf seiner Homepage. Ein Rückschlag für die Kreislaufwirtschaft? Höchstens ein kleiner Dämpfer, wie diese Medienschau zeigt.
„Der Deutsche Kunststoff- und Gummimaschinenbau befindet sich im Sinkflug“, titelte der VDMA. 2020 rechnet man aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie sogar mit Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent. Dieser Trend wird vom Informationsportal „kiweb” für die gesamte Kunststoffbranche bestätigt.
Kreislaufwirtschaft als Chance begreifen
Doch das herausfordernde Marktumfeld stellt für die Kunststoffbranche keinen Grund dar, den Kopf in den Sand zu stecken. Im Gegenteil: Die sich positiv entwickelnde Wertschätzung in den Bereichen Medizintechnik und Verpackung, aber auch die angestoßene Transformation von der linearen in eine Kreislaufwirtschaft geben der Branche Hoffnung.
Kunststoff ist aus vielen Bereichen nicht mehr wegzudenken, konstatiert der ORF (Österreichische Rundfunk) und hebt die positiven Materialeigenschaften beim Transport von Produkten und der Hygiene sowie die jüngsten Bemühungen, den Rohstoffverbrauch zu reduzieren, hervor.
Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung müssen zum Kerngeschäft unserer Industrie werden
Und doch ist – in Bezug auf Kunststoff – ein Umdenken gefragt. „Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung müssen zum Kerngeschäft unserer Industrie werden – unser Werkstoff macht in zahlreichen Anwendungen vor, wie ressourceneffizient er bereits ist”, twitterte der Kunststofferzeugerverband jüngst und verweist auf Statistiken des Informationsportals kunststoffkanns.de.
Die lineare Produktion hat ausgedient, schlussfolgern Alicia Steinbrück und Frank Tetzel im Artikel auf analysedeutschland.de. “In einer effektiven und nachhaltigen Kreislaufwirtschaft liegt die weltweite Zukunftschance unseres Werkstoffs”, plädiert auch IK-Geschäftsführerin Mara Hancker im Interview für konstruktive Lösungen beim Klimaschutz mit Kunststoffverpackungen. Eine Definition und die Vorteile der Kreislaufwirtschaft sollten beim Lesen des Artikels von PlasticsEurope „Plastics’ contribution to the circular economy“, spätestens aber nach dem Ansehen des Videos des Europäischen Parlaments jedem klar sein. Mit der Fördermaßnahme KuRT will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Entwicklung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft in Deutschland weiter vorantreiben und die hochwertige Kreislaufführung von Kunststoffen ausbauen.
Unternehmen der Kunststoffbranche gehen mit gutem Beispiel voran
Schon lange konzentrieren sich die Anstrengungen der Branche auf die Optimierung der Kreislaufwirtschaft. Beispiele für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft bieten:
- Remondis und Morssinkhof Plastics, die unter der Firmierung „More PET“ zukünftig PET-Getränkeverpackungen aus geschlossenen Stoffkreisläufen anbieten wollen,
- PACCOR, deren Vorstände im Interview erläutern, dass ihr Konzern gerüstet ist, um Kunststoffverpackungen in einen echten Wertstoffkreislauf zu bringen,
- Storopack mit der Schutzverpackung rEPS aus 100% aus recycelten Post Consumer EPS- oder PS-Abfällen,
- die Hamburger Wertstoff Innovative mit der Waschmittelflasche, die zu 100% aus recyceltem Kunststoff besteht
- dm und Nivea, die in einer sechs bis achtmonatigen Projektphase Nachfüllstationen für leere Cremeflaschen testen
- oder LIDL Schweiz, die gebrauchte PET-Flaschen in qualitativ hochwertigen Schuhen einsetzen und in ihren Filialen anbieten.
Auch Innovationen im Bereich der Digitialisierung führen zu weiteren kreativen Lösungen in Richtung Kreislaufwirtschaft, wie das kunststofferzeugende Unternehmen Covestro gerade mit der Förderung der Blockchain-Technologie zum leichteren Rückverfolgen von Produktinformationen zeigt.
Recycling fördern statt Innovationspotential bremsen
Mit der Einführung einer Plastik-Steuer werden solche Projekte und notwendige Investitionen in die Kreislaufwirtschaft gefährdet, wie Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) im Gespräch mit EUWID erklärt.
Anstelle von “Plastiksteuer” und Produktverboten fordern die Verbände eine Weichenstellung für mehr Rezyklateinsatz nach marktkonformen Grundsätzen, um das Potenzial zur Steigerung des Rezyklateinsatzes nutzen zu können. Doch trotz der unsicheren Lage durch neue Auflagen und Diskussionen um Abgaben, der angespannten Lage auf dem Recyclingmarkt aufgrund von Absatzeinbruch, fehlendem Grundmaterial, niedrigen Primärwarepreisen und drohenden Produktverboten durch die Zentrale Stelle Verpackungsregister halten Kunststoffverpackungshersteller und ihre Kunden an ihren Nachhaltigkeitszielen fest.
Die Ausweitung des Vergabeprozesses des RAL-Gütezeichens auf PET-Flakes-Hersteller liefert ein weiteres Beispiel für die gelungene Unterstützung der Recycler. Auch die interessante Idee bezüglich einer Einführung eines Pfandsystems auf Kunststoffprodukte, wie von PlasticsEurope-Präsident Markus Steilemann vorgestellt, ist denkbar, um Recyclingquoten zu verbessern.
Recycling ist die umweltschonendste Alternative
Denn Recycling lohnt sich nicht zuletzt für alle Beteiligten, sondern vor allen Dingen auch für die Umwelt, wie der Artikel „So wird Kunststoff recycelt” aufzeigt. Starke Impulse von virtuellen Messen, wie beispielsweise der kürzlich durchgeführten Fakuma-Virtuell (internationale Fachmesse für Kunststoffverarbeitung) oder der anstehenden eREC – Digital Recycling Expo and Conference for Circular Economy and Waste Management vom 31. August bis 5. September sind hier Lichtblicke für eine Covid-19-bedingt angeschlagene Branche.
Mülltrennung durch die Verbraucher spielt eine Schlüsselrolle
Die „Gretchen-Frage” der umweltschonenden Verwendung von Kunststoffprodukten stellt sich letztlich bereits bei der Mülltrennung – also in der Regel beim Verbraucher. Eine Studie des Umweltbundesamts zum Restmüllaufkommen offenbarte, dass sich die Gesamtmenge an Restmüll seit 1985 zwar fast halbiert habe, jedoch bis zu zwei Drittel des Tonneninhalts da gar nicht reingehören.
Aufklärung ist also zwingend notwendig. Mit Irrtümern bei der Mülltrennung muss aufgeräumt werden, darüber hinaus müssen Verbraucher informiert werden, welcher Müll in die Gelbe Tonne oder in die Biotonne gehört. Und auch, welche Verpackungen nötig sind und welche vermieden werden können. Dass kollektives Handeln von Verbrauchern, Politik, Verbänden und Industrie langfristig das Ende von Kunststoffabfällen ermöglicht, zeigt das Projekt STOP in seinem kurzem Video.
Aufgeklärt und informiert müssen Verbraucher auch über vermeintlich umweltschonende Kunststoffalternativen werden. Einen Anfang macht das Eco-Magazin „Peppermyntha”, in dem es die Ökobilanz der verschiedenen Materialalternativen miteinander vergleicht. Die Multimedia-Reportage Bioökonomie beschäftigt sich unter anderem mit den Eigenschaften und der Verwendung von Biokunststoffen. Bevor wir der Verwendung von alternativen Materialien zustimmen, sollten diese einer ausführlichen Prüfung unterzogen werden, wie die Untersuchungen von Papp-Strohhalmen durch die Verbraucherzentrale NRW zeigen. Hierbei muss auch die Recyclingfähigkeit von kreislauffähigen Verpackungen eine Rolle spielen, deren Überprüfung unter anderem ein neues Bewertungstool von Henkel ermöglicht.
MINT-Nachwuchs muss gefördert werden
Mit Aufklärung und Bildung wollen wir unsere Medienschau schließen und auf die neugestaltete Webseite des Kunststofferzeugerverbandes PlasticsEurope kunoscoolekunststoffkiste hinweisen, die mit Erklärvideos, Experimenten sowie dazugehörigen Anleitungen und Erklärungen Lehrkräfte und Pädagogen bei der Vermittlungen naturwissenschaftlicher Inhalte unterstützt.