„Wir haben ein Abfallproblem, kein Plastikproblem“
„Wir haben ein Abfallproblem, kein Plastikproblem“
Im Dialog mit Katja Killian, Sales Director Food Short Shelf-Live bei Coveris
Coveris ist ein führendes europäisches Verpackungsunternehmen, das flexible und nachhaltige Lösungen für einige der weltweit angesehensten Marken herstellt. Die Verpackungslösungen tragen dazu bei, den Lebenszyklus von Produkten sowie die Abfall- und Ressourcenverschwendung zu reduzieren. Was hinter der Coveris-Nachhaltigkeitsstrategie „No Waste“ steckt und wie das Unternehmen daran arbeitet, die Sicherheit, Qualität und den Komfort von Produkten zu verbessern, hat uns Katja Killian, Sales Director Food Short Shelf-Live bei Coveris, im Interview erzählt.
Sind flexible Verpackungen besser als starre Verpackungen hinsichtlich ihrer Ökobilanz?
Das ist häufig so. Gerade Kunststoffverpackungen und flexible Verpackungen wurden in den letzten Jahren sehr optimiert und reduziert. So wurde bereits massiv Kunststoff eingespart.
Mit den aktuellen Technologien und deutlich leistungsfähigerem Rohmaterial gelingt es uns, flexible Verpackungen weiter zu optimieren, dünner zu machen und damit Gewicht zu reduzieren. Wir arbeiten ständig an neuen Ideen und stärken den Einsatz von Rezyklaten, also recycelten Materialien.
Coveris produziert neben Folien und flexiblen Verpackungen auch Papierverpackungen. Nach welchen Kriterien beraten Sie Ihre Kunden?
Im Mittelpunkt steht immer, das zu verpackende Produkt optimal zu schützen. Wir sind stets in einem engen Austausch mit unseren Kunden und versuchen zu beurteilen, welches die bestmögliche Verpackung für ihr Produkt ist – auch in punkto Nachhaltigkeit.
Je nach Anforderung des Produktes an die Haltbarkeit kann das eine Papier-basierte Lösung sein oder eine Kunststoff-basierte Lösung. Dank unseres breiten Portfolios sind wir in der Lage, auf die Wünsche und Präferenzen unserer Kund:innen einzugehen und die optimale Lösung zu finden.
Sie haben eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt – mit der Vision „No Waste“. Was steckt dahinter?
Bei „No Waste“ konzentrieren wir uns auf drei zentrale Punkte: Produkte schützen und damit Produktabfall vermeiden, möglichst keinen Verpackungsabfall zu erzeugen und Verschwendung in der Produktion vermeiden, . Der Einsatz von Material für die Verpackung soll möglichst effizient sein und keine Ressourcen bei der Produktion verschwenden. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir in unserer Organisation die neue Position des „Group Sustainability Director“ eingerichtet. Darüber hinaus haben wir in allen unseren 29 Werken „Green Teams“ implementiert. Diese kümmern sich operativ um das Erfüllen unserer Nachhaltigkeitsziele.
Länder- und werksübergreifend findet zudem ein regelmäßiger Austausch statt. Und zu den erreichten Zielen gibt es Reportings. Außerdem vergeben wir den „No Waste Champion Award“. Wir sammeln Ideen aus allen Werken, diese werden mit den Geschäftsführer:innen und Expert:innen anderer Organisationen diskutiert und auch umgesetzt. Dank dieser Initiativen können wir kontinuierlich voneinander lernen und uns verbessern.
Sie sind auch stark in der Forschung und Entwicklung aktiv und haben das Pack Innovation Center aufgebaut. Was steckt dahinter?
Wir haben das Pack Innovation Center in Halle neben drei weiteren Laboren und Innovationszentren aufgebaut: dem Pack Positive Center in Leeds, dem Food Science Lab in Gainsborough und dem Film Science Lab in Winsford, das in Kooperation mit unserem Werk in Kufstein betrieben wird.
In unseren Forschungseinrichtungen beschäftigen wir uns nicht nur mit dem Thema Lebensmittel und deren Interaktion mit Verpackungen, sondern auch mit dem Thema Folien. Wir wollen die bestmögliche Lösung erarbeiten. In punkto Nachhaltigkeit ist das im ersten Schritt die Reduktion von Verpackungsmaterial, das heißt die dünnste und gleichzeitig bestmögliche Verpackung.
Zudem spielt auch die Recyclingfähigkeit eine ganz wichtige Rolle. Wo immer es geht, versuchen wir, in den Verpackungen Rezyklate einzusetzen und gleichzeitig sicherzustellen, dass das Produkt optimal geschützt ist.
Große Einzel- oder Lebensmittelhändler setzen zunehmend auf das Thema Nachhaltigkeit und führen eigene Kampagnen durch, um ihr Image zu verbessern. Diese Entwicklung kommt Ihnen so sicher entgegen, gleichzeitig haben diese Konzerne aber auch eine große Marktmacht. Wie geht Coveris damit um?
Der Handel hat klare Vorstellungen, welche Ziele erreicht werden sollen und auch wie. Wir arbeiten mit diesen Konzernen zusammen, sind in einem engen Dialog und betrachten dabei die Verpackung stets als Teil der Lösung.
Es ist aber auch notwendig, das Thema Nachhaltigkeit – gesteuert vom Handel – bei den Konsumenten zu adressieren. Letztendlich muss die Gesellschaft ein Verständnis dafür entwickeln, dass wir kein Verpackungsproblem haben, sondern ein Abfallproblem.
Entstehen dabei keine Zielkonflikte, gerade im Hinblick auf das Marketing des Handels auf der einen Seite und Eco Design auf der anderen Seite?
Unser Fokus liegt auf der Entwicklung von recyclingfähigen Materialien wie zum Beispiel Monomaterialoder Verpackungen auf Papierbasis. Das ist auch im Interesse des Handels und der Verbraucher:innen. Es gibt eine Reihe von Synergieeffekten, ich sehe da keinen Zielkonflikt, wir profitieren eher davon. Eco Design von Verpackungen ist auch für das Marketing an die Konsumenten eine positive Nachricht. Letztendlich haben wir alle das gleiche Ziel: Wir wollen Abfall vermeiden.
Sind Ihre Kunden auch bereit, für eine höhere Recyclingfähigkeit Kompromisse einzugehen?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Mittlerweile legen bereits einige Kunden eher den Fokus auf Nachhaltigkeit als auf die Haltbarkeit eines Produktes – und das kommunizieren sie auch an den Endkunden.
Plastiksteuer, Plastikverbote, Plastik-Bashing. Wie gehen Sie mit der massiven Kritik an Kunststoffverpackungen um und was erwarten Ihre Kunden von Ihnen als Hersteller?
Kunststoffverpackungen sind Teil der Lösung und nicht Teil des Problems. Wichtig ist es, das Gesamtbild zu betrachten. Sicherlich hilft die Kunststoffverpackung nicht, wenn sie in der Umwelt landet. Sie muss gesammelt, sortiert und wiederverwertet werden. Diese Aufgabe müssen wir gemeinschaftlich lösen – vom Sourcing bis zur Verpackungslösung über die Abfallwirtschaft bis zum Recycling – hier sind alle gefordert.
Die GVM Recycling-Bilanz zeigt, dass die stoffliche Verwertung von Kunststoffverpackungen zwar kontinuierlich steigt, insgesamt ist die Recyclingquote aber noch ausbaufähig. Was muss getan werden, um wirklich eine Kreislaufwirtschaft zu erreichen?
Generell ist es wichtig, dass wir eine datenbasierte Diskussion führen, um zu betrachten, welche Verpackungslösung die nachhaltigste ist. Papier oder Glas sind nicht immer besser als Kunststoff. Gleichzeitig müssen wir ein Umfeld schaffen, das die Entwicklung neuer Recycling-Technologien fördert und aufbaut. Zudem ist die Standardisierung der Abfallwirtschaft – also eine standardisierte Mülltrennung und Sammlung – wichtig, um die Recyclingquote zu erhöhen.
Dabei spielt auch die Politik in Deutschland und in der EU eine wichtige Rolle. Welche Unterstützung benötigen Sie von der Regierung?
Es muss eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, die Recycling ermöglicht. Das ist von Land zu Land noch sehr unterschiedlich. Die größte Herausforderung liegt sicherlich darin, eine EU-weite Regelung zu finden. Aber auch auf nationaler Ebene muss erst einmal eine einheitliche Infrastruktur aufgebaut werden, das wäre der erste wichtige Schritt.
Übergreifend müssen wir alle zusammenarbeiten, von der Beschaffung und Herstellung bis hin zur Abfallwirtschaft und dem Recycling, um eine Kreislaufwirtschaft sicherzustellen. Gleichzeitig muss in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die hohe Bedeutung der Verpackung geschaffen werden. Denn es ist ja durchaus so, dass eine Verpackung ein Produkt bzw. ein Lebensmittel schützt. Kunststoffverpackungen sind dabei nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.
Vielen Dank Frau Killian für das interessante Gespräch!
Über Katja Killian
Die Diplom-Betriebswirtin startete ihre Karriere bei Alcan Packaging Europe, wo sie zuletzt Key Account Managerin für Deutschland und UK war. 2010 kam Katja Killian zu Coveris, ehemals Kobusch Sengewald. Seit Ende 2018 ist sie Sales Director Food Coveris Flexibles Europe für die Segmente Cheese, Meat Fish Poultry, Bread & Morning Goods und Convenience.
Über Coveris
Coveris entwickelt Verpackungen, die alle Arten von Produkten schützen – von Lebensmitteln bis zu Tierfutter, von medizinischen Geräten bis zu industriellen und landwirtschaftlichen Produkten. Aufgrund des technischen Know-hows verlängert Coveris mit seinen Verpackungen den Lebenszyklus von Produkten und trägt dazu bei, Abfall und Ressourcenverschwendung zu reduzieren. Dazu ist Coveris in drei Geschäftsbereiche organisiert: „Film“ beschäftigt sich mit Folien, „Flexibles“ mit flexiblen Verpackungen und „Paper“ mit Papierverpackungen. Das Unternehmen beschäftigt an 29 Standorten weltweit insgesamt 4.100 Mitarbeiter:innen und erwirtschaftet durchschnittlich einen Jahresumsatz von 900 Millionen Euro.