Ihm hängen, wie vielen anderen Kunststoffen, kein gutes Image und zahlreiche Mythen an: expandiertem Polystyrol (EPS), auch bekannt als Styropor. Angeblich könne EPS nicht entsorgt oder nur teilweise recycelt werden. Zudem gäbe es inzwischen immer mehr alternative Materialien wie Zuckerrohr, Bambus oder Zellulosefasern, die im Gegensatz zu EPS aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, umweltverträglicher und problemlos biologisch abbaubar seien. Manche fordern deshalb den Verzicht auf EPS. Die Fakten zeigen jedoch, dass die Kritik auf keiner belastbaren Grundlage fußt.
Polsternde Luft, schützender Kunststoff
Expandiertes Polystyrol (EPS) besteht zu 98% aus reiner Luft und dem Kunststoff Polystyrol. So bietet EPS ein Höchstmaß an Produktschutz bei vergleichsweise geringen Kosten. Es stoßabsorbierend, kälte- und wärmeisolierend, abdichtend, wasserdicht und wasserabweisend. Zudem erfüllt es die strengen Anforderungen der Lebensmittelbehörden: Es ist lebensmittelecht, hygienisch, keimfrei und frei von Hexabromcyclododecan (HBCD) sowie geruchs- und geschmacksneutral.
Zahlreiche Branchen haben die Vorteile von EPS bereits erkannt und nutzen es in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen. Nicht nur die Lebensmittelbranche setzt auf das Verpackungsmaterial. Es dient auch als Transportsicherung von Konsumgütern wie Haushaltsgeräte oder Möbel. Selbst temperartursensible Organe oder Impfstoffe lassen sich in EPS-Behältern sicher und hygienisch transportieren. Abseits von Verpackungen dient EPS in Aquakulturen als Boden für Gemüse und Kräuter, als leichtes Material für Modellflieger oder Rettungsringe, als Dämmstoff für Gebäudefassaden oder als ergonomische Polsterung in Fahrradhelmen oder Kindersitzen.
Umweltschonend und gesundheitlich unbedenklich
Untersuchungen zeigen, dass EPS weder für die Umwelt noch die menschliche Gesundheit gefährlich ist. Wer jedoch einschlägige Suchmaschinen nach dem Material befragt, wird mit vermeintlichen Gesundheitsgefahren konfrontiert bzw. verschreckt – dabei gibt es keinerlei Studien, die nachweisen würden, dass Styrol aus Lebensmittelverpackungen beim Menschen Krebs auslöst oder die Fruchtbarkeit beeinträchtigt.
Als Dämmstoff wird EPS zusätzlich mit einem Flammschutzmittel versehen. Ab 2017 nutzt man hierfür Polymer-FR, das HBCD gänzlich ersetzt. Es ist ökotoxikologisch unbedenklich und wird weder von Menschen noch von Tieren aufgenommen. EPS hat zudem die Wassergefährdungsklasse (WGK) 0, da es auch langfristig keine schädlichen Stoffe an Luft, Boden oder Grundwasser abgibt. Darüber hinaus wird bei der Verarbeitung von EPS kein Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) freigesetzt.
Ökobilanz mit Vorzeigecharakter
Der direkte Vergleich mit anderen Verpackungsmaterialien zeigt: Es gibt keine nachhaltigere Alternative mit ähnlichen Leistungsmerkmalen wie EPS – weder Papier, Karton oder Pappe, noch Luftpolster oder Biokunststoff. Da Styropor zu 98 % aus Luft und nur zu 2 % aus Polystyrol besteht, werden für die Herstellung weniger Rohstoffe, Chemikalien und Wasser benötigt als bei anderen Verpackungsmaterialien: 70 % weniger Wasserverbrauch, 20 % weniger Schwefeldioxidemissionen und 80 % weniger Nährstoffanreicherung im Wasser. Auch das Herstellverfahren selbst ist sehr sparsam: Styropor benötigt weniger Primärenergie als viele andere vermeintlich ökologischere Alternativen.
Da es zahlreiche lokale EPS-Produzenten gibt, punktet das Material mit kurzen Transportwegen. Durch sein leichtes Gewicht verbraucht es zudem weniger Kraftstoff beim Transport auf der Straße, was weniger CO2 in der Luft bedeutet. Beim Versand erhöhen das geringere Gewicht und das vergleichsweise geringe Volumen von EPS-Polstern zudem die Packdichte. Durch die guten Isolationseigenschaften von EPS ist außerdem oft keine weitere Kühlung oder Erwärmung von Produkten nötig, sodass Energie gespart werden kann.
100% recyclingfähig und umweltfreundlich
EPS wurde Ende November 2018 von der Zentralen Stelle Verpackungsregister nicht als Gutmaterial und damit in Folge als nur bedingt-recyclingfähig eingestuft, da Altmaterial aus der gelben Tonne bislang noch nicht ökonomisch sinnvoll separiert werden kann. Die Einstufung spiegelt jedoch nicht die tatsächliche physikalische Recyclingfähigkeit wider: EPS als reiner Monokunstoff läßt sich am Ende seines Lebenszyklus zu 100 % einfach und hochwertig recyceln. So sind gebrauchte EPS-Verpackungen, die auf Wertstoffhöfen oder bei Retailern sortenrein gesammelt werden, ein gesuchter und geschätzter Rohstoff. Mehr als die Hälfte aller EPS-Transportverpackungen werden bereits heute recycelt.
Zum einen durch Mahlen und Beimischung, durch Schmelzprozesse oder aber durch Pyrolyse-Verfahren, sogenanntes chemisches Recycling. Vor allem für die Lebensmittelindustrie ist diese Art des Recyclings interessant, da sich so maximale Recyclingquoten erreichen lassen. Lebensmittelverpackungen dürfen derzeit nicht in denselben Kreislauf zurück, da sie oft verunreinigt sind. Durch chemisches Recycling lassen sich Kunststoffe erzeugen, die aufgrund ihrer identischen Eigenschaften wie die der Primärrohstoffe völlig unbedenklich erneut für den Transport und die Verpackung von Lebensmitteln eingesetzt werden können.
Besonders nachhaltig ist eine weitere Form des Recyclings, bei der Styropor aus organischen Abfällen und Altölen anstelle von Rohöl hergestellt wird. Das neue Material hat die gleichen Eigenschaften wie klassisches Styropor, verursacht bei der Herstellung jedoch 75 % weniger CO2. Nur, wenn eine Wiederverwendung nicht möglich ist, gehen EPS-Verpackungen in die thermische Verwertung. Sie erzeugen in modernen Wärmeheizkraftwerken Fernwärme, wobei ein Kilogramm EPS dabei 1,7 Liter Heizöl ersetzt – ein aktiver Beitrag zur Ressourcenschonung.
Faktenbasierte Diskussion statt haltlose Plastikdiskriminierung
Einwegkunststoffe wie EPS werden in gesellschaftlichen und politischen Debatten immer noch diskriminiert. Nicht zuletzt in der EU-Verpackungsverordnung, die pauschal verpflichtende Mehrweg- und Rezyklateinsatzquoten vorsieht, ohne die dafür nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Auch im To-Go-Bereich hat es Styropor schwer: Die EU-Einwegkunststoffrichtlinie (RICHTLINIE (EU) 2019/904), in Deutschland umgesetzt durch die Einwegkunststoffverbotsverordnung (EWKVerbotsV), verbietet unter anderem To-Go-Lebensmittelbehälter, Getränkebecher, Getränkebehälter aus EPS. Sinnvoller als das Verbot einzelner Materialien wäre hier ein Mehrweg-Gebot, basierend auf ökobilanziellen Vergleichen. Alternative Einwegmaterialien sind hingegen keine Lösung: Damit sie feuchtigkeits- und fettbeständig sind, werden die Eigenschaften des Kunststoffs durch entsprechende Beschichtungen imitiert. Die Nachteile alternativer Materialien werden in der öffentlichen Debatte oft vernachlässigt, während sie bei Kunststoffen im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Dabei zeigt eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM), dass kein anderes Material als Verpackung so effizient ist wie Kunststoff.
¹ PWC, „Three packaging solutions for fresh food. A comparative study“, 2012
² Schlaadt, Präsentation zu EPS & Nachhaltigkeit, 2021
³ aktuelle Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) gemäß ISO 14025 zeigen dies
4 Conversio-Studie, Oktober 2019
¹ PWC, „Three packaging solutions for fresh food. A comparative study“, 2012
² Schlaadt, Präsentation zu EPS & Nachhaltigkeit, 2021
³ aktuelle Umwelt-Produktdeklarationen (EPDs) gemäß ISO 14025 zeigen dies
4 Conversio-Studie, Oktober 2019