Bad Homburg, 25.4.2024: Nach der gestrigen Entscheidung des Europäischen Parlaments zu neuen Verpackungsregeln in der EU bedauern die Hersteller von Kunststoffverpackungen, dass es nicht gelungen ist, dringend notwendige Korrekturen an dem Kompromiss vorzunehmen. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die – offensichtlich aufgrund eines Versehens – in letzter Sekunde eingebrachte Vorgabe einer 100%igen Wiederverwendung bestimmter Industrie- und Gewerbeverpackungen ab 2030. Außerdem kritisiert der Verband die zahlreichen Schlupflöcher für Einwegverpackungen aus anderen Materialien als Kunststoff, die von den Vorgaben zur Recyclingfähigkeit und zum Einsatz recycelter Materialien sowie von den Mehrwegvorgaben und Einwegverboten an vielen Stellen des Gesetzes ausgenommen wurden.
Gute Absichten
Die ursprünglichen Ziele der EU-Verpackungsverordnung unterstützte der Verband für Kunststoffverpackungen von Beginn an: Angestrebt wurden verbindliche und europaweit einheitliche Vorgaben an die Recyclingfähigkeit von Verpackungen, an den Einsatz von Recyclingmaterial sowie die Reduktion von Verpackungsabfällen durch mehr ökologisch sinnvolle Mehrwegverpackungen und die Minimierung von Einwegverpackungen auf das notwendige Maß, um die Anforderungen an den Produktschutz und die Verbraucherinformation zu erfüllen.
Durch die kurzfristige Umstrukturierung der Mehrwegvorgaben für Industrie- und Gewerbeverpackungen war es aber – offensichtlich versehentlich – zu einer drastischen Ausweitung und Anhebung der Quoten gekommen. Dies hätte beispielsweise zur Folge, dass Palettenumhüllungen zur Ladungssicherung im innerstaatlichen Verkehr zwischen Unternehmen immer zum selben Zweck wiederverwendet werden müssten, was technisch nicht möglich ist. In der Wirtschaft hatte die plötzliche Verschärfung deshalb große Sorgen hinsichtlich der Transportsicherheit und Lieferkettensicherheit hervorgerufen. Die Kommission hat nun nach Kritik der Wirtschaft angekündigt, noch bis Jahresende Ausnahmen für Palettenumhüllungen zu prüfen. Eine Reihe von Abgeordneten hatte dagegen die Streichung der Mehrwegpflicht für Industrie- und Gewerbeverpackungen gefordert, konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen. „Der Ball liegt nun bei den Mitgliedstaaten. Nur sie können jetzt die notwendige Korrektur bei den Mehrwegpflichten vornehmen und damit für Rechts- und Planungssicherheit sorgen.
Es reicht nicht, dass die Kommission möglicherweise in einigen Jahren Ausnahmen für bestimmte Verpackungsformate von der Mehrwegpflicht beschließt. Die Verunsicherung in sämtlichen Lieferketten ist enorm, weil niemand weiß, wie ab 2030 Waren in Europa transportiert werden sollen“, erläutert Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK.
Hinzu kommt, dass viele Regelungen zu Verpackungsverboten, Mehrwegquoten, Recyclinganforderungen und Einsatzquoten für Rezyklate nur für Kunststoffverpackungen gelten sollen oder Ausnahmen für andere Verpackungsmaterialien vorsehen. Für diese Ungleichbehandlung von Verpackungsmaterialien gibt es keine Grundlage – die Schlupflöcher unterhöhlen sogar die Ziele der PPWR. „Offensichtlich ging es der Politik oftmals mehr um Symbolhandlungen gegen Plastik als um die konsequente Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft und die Reduktion des Verpackungsabfalls. Ein Ausweichen zu kunststoffbeschichteten Papierverpackungen, die der Verbraucher als ökologischer empfindet, obwohl sie zum mehr schlecht recyclingfähigen Verpackungsabfällen führen, ist damit leider vorprogrammiert. Wir fordern die Entscheider auf, die Schlupflöcher zu streichen und gleiche Regeln für alle Verpackungsmaterialien zu schaffen“, fordert Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin für Kreislaufwirtschaft der IK.