Dass sie später einmal in der Verpackungsbranche tätig sein wollte, wusste sie schon in der 10. Klasse. Inzwischen ist Lisa-Marie Getrost 27 Jahre alt – und tatsächlich Verpackungsingenieurin. Auf den Bachelor in Verpackungstechnik folgte der Master in Packaging Development Management an der Hochschule der Medien in Stuttgart, seit August 2023 arbeitet sie bei Danone. Danone ist einer der führenden Hersteller von Lebensmitteln und medizinischer Ernährung in der DACH- Region, der in vier Geschäftsbereichen tätig ist: Milchfrische, pflanzenbasierte Produkte, natürliches Mineralwasser und Erfrischungsgetränke sowie frühkindliche und medizinische Nahrung. Dort ist sie mittlerweile als Sustainability Reporting Spezialist tätig. Im Interview haben wir mit Lisa-Marie Getrost über die Faszination Kunststoff, sein schlechtes Image trotz seines enormen Potenzials und über den Schlüssel zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gesprochen.
Frau Getrost, wie kam es zu ihrer Begeisterung für Kunststoffe bzw. Kunststoffverpackungen? Was schätzen Sie an diesem Material?
Ich war schon früh fasziniert davon, was mit Verpackungen alles möglich ist. Und davon, wie viel technische und gestalterische Kniffe hinter einer im ersten Moment banal wirkenden Verpackung stecken können. Diese Faszination ist auch heute noch da. Endgültig geweckt wurde mein Interesse an Kunststoffrecycling und nachhaltigen Verpackungen, als ich mich im Studium mit dem Recycling von PET-Flaschen und der Verarbeitung des daraus gewonnenen Rezyklats beschäftigt habe. Denn sie sind bis dato die einzige Verpackung, mit der ein geschlossener Kreislauf erzeugt werden kann. Sprich, aus einer Flasche wird wieder eine Flasche hergestellt. In der Konsumgüterindustrie bleibt Kunststoff das bedeutendste Verpackungsmaterial. Es gibt kaum ein anderes Material, das sich so gut verarbeiten lässt und dabei so viele Anforderungen erfüllt, die an Verpackungen gestellt werden.
Was macht die Kunststoff- bzw. Verpackungsbranche für Nachwuchskräfte so interessant?
Aus meiner Sicht sind die Möglichkeiten, die wir im Umgang mit Kunststoffen haben, noch lange nicht ausgeschöpft. Neue Kunststoffarten, Methoden zur Materialeinsparung, sinnvoller Einsatz von Kunststoffen, Recyclingfähigkeit, Rezyklat oder auch die Recyclingtechnologie selbst haben noch Luft nach oben – besonders bei all der Aufmerksamkeit, die Kunststoffe in der Verpackungsbranche momentan beispielsweise durch die neuesten Regularien bekommen. Eine funktionierende, geschlossene Kreislaufwirtschaft als Grundvoraussetzung ist dabei unerlässlich. Je mehr Personen, die dieses Zeil verfolgen, desto besser.
Kunststoffverpackungen hängt ein schlechtes Image an. Aber was leisten sie (vielleicht auch oft im Verborgenen) für Verbraucher:innen und die Industrie – und welches Potenzial steckt noch in ihnen?
Die Vielfalt an Lebensmitteln, die wir in deutschen Supermärkten zur Verfügung haben, würde ohne Kunststoffe nicht existieren. Für viele Lebensmittel gibt es aktuell noch keine Alternative, die die Haltbarkeit und Produktsicherheit der Lebensmittel im selben Maß schützt. Kunststoffe können ungewollte Gase und Stoffe von Lebensmitteln fernhalten und gleichzeitig gewollten Austausch zulassen – das kann bislang kein anderes Material. Besonders bei hochsensiblen Produkten wie medizinischer Spezialnahrung und Säuglingsnahrung ist dies von großer Bedeutung. Zudem punktet Kunststoff durch das niedrige Gewicht und die Komprimierbarkeit, die vor allem im Transport von Produkten oder leeren Verpackungen einen großen Vorteil bringt.
Was bedeutet Innovation und Transformation für Sie im Kontext von Kunststoffen, Kunststoffverpackungen und einer effizienten Kreislaufwirtschaft? Auf welchen Ebenen können Unternehmen wie Danone einen Beitrag leisten und wo stehen sie vor Herausforderungen?
Die große Transformation im Bereich der Kunststoffverpackungen wird meiner Meinung nach durch die Recyclingfähigkeit bestimmt. Kunststoffe können vor allem in Lebensmittelverpackungen nicht substituiert werden. Deshalb müssen wir die Recyclingfähigkeit weiter maximieren, wie wir es zum Beispiel bei unseren Actimel-Flaschen durch das Weglassen der Sleeves gemacht haben. Auch sind die Becher unserer Alpro Joghurt-Alternativen durch die ablösbare Papierbanderole gut recycelbar. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Rohstoffe durch mangelhafte Trennung nicht im Kreislauf bleiben und dadurch nicht die eigentliche Recyclingfähigkeit ausgeschöpft werden kann.
Über Lisa-Marie Getrost:
Als Sustainability Reporting Spezialistin beschäftigt sich Lisa-Marie Getrost insbesondere mit Implikationen, die sich auf das Lebensende einer Verpackung beziehen. Dazu gehören zum Beispiel die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf lokaler und europäischer Ebene und das Einwegkunststoff-Fonds-Gesetz. Eine wichtige Aufgabe ist das kontinuierliche Monitoring von Verpackungsgewichten und der Bericht an die Zentrale Stelle. Sie ist außerdem Expertin für die Recyclingfähigkeit der Verpackungen von Danone auf dem DACH-Markt. Durch ihre Berechnung unterstützt sie das Unternehmen dabei Handlungsempfehlungen zu entwickeln und Maßnahmen im Bereich Verpackungsentwicklung und Optimierung zu implementieren.
Was ist für Sie der Schlüssel zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und damit zu mehr Nachhaltigkeit?
Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und damit mehr Nachhaltigkeit erreichen wir durch die Zusammenarbeit in der gesamten Wertschöpfungskette. Jeder Akteur trägt in seinem Bereich die Verantwortung, die Kreislauffähigkeit des Produktes zu maximieren. Dazu gehören Rohstoffhersteller, Folienhersteller, Inverkehrbringer wie Danone, Supermärkte und auch die Konsumenten. Danone unterstützt Verbraucherinnen und Verbraucher beispielsweise mit Trennhinweisen auf den Verpackungen: Auf unseren Alpro Joghurtbechern steht, dass man die Papierbanderole vor der Entsorgung vom Becher entfernen soll. Wenn alle zusammenarbeiten und Verantwortung für ihren Handlungsspielraum übernehmen, kann viel verändert werden.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Ausbau und die Verbesserung der Sammelinfrastruktur in ganz Europa. Einheitliche Ziele und Maßnahmen spielen insbesondere für multinationale Unternehmen wie Danone eine bedeutende Rolle. Im Grunde haben doch alle dasselbe Ziel: Wir wollen die Welt ein kleines bisschen besser machen.
Die „Kunststoffverbesserer“: Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.