„Der Wandel in der Kreislaufwirtschaft gibt mir die Chance, meine Ideen einzubringen“

Portrait Lukas Schneider Plastship

Quelle: Lukas Schneider/Plastship

Einfachere Prozesse und ein optimales Produkt für den Kunden mithilfe von KI: Lukas Schneider (26) ist Business Development Manager bei der plastship GmbH, einem europäischen Beschaffungs- und Recyclingnetzwerk für Kunststoff-Rezyklate. In der sich fortlaufend wandelnden Kunststoffbranche bringt er seine Ideen ein und macht Daten nutzbar, um Stoffströme effizienter zu gestalten. Im Interview spricht er über den Wandel und die Herausforderungen in der Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen, sinnvollen Rezyklateinsatz, ungenutzte Potenziale und die Chancen von Digitalisierung und KI.

Was hat Sie dazu bewegt, in die Kunststoffbranche einzusteigen, und was macht diese aus Ihrer Sicht für Nachwuchskräfte so interessant?

Für mich war klar, dass ich beruflich in der Kreislaufwirtschaft tätig sein möchte. Als sich kurz nach meinem Berufseinstieg eine Stelle im Kunststoffrecycling angeboten hat, war ich direkt begeistert. Ich habe diesen Bereich der Kreislaufwirtschaft als boomenden Markt erlebt und verstanden, dass sich die Branche im Wandel befindet. Vor allem die Themen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourcenschonung rücken immer stärker in den Fokus, was die Forderung nach einer zirkulären Industrie verstärkt. Ich selbst kann mich durch den stetigen Wandel frei entfalten und meine Ideen in das Geschehen mit einbringen. Auch, wenn die Wirtschaft aktuell schwächelt, wird der Markt speziell im Kunststoffrecycling in den kommenden Jahren stark wachsen. Das ist eine wunderbare Chance für Nachwuchskräfte.

Was bedeuten Innovation und Transformation für Sie persönlich im Kontext von Kunststoffen und einer effizienten Kreislaufwirtschaft – und auf welchen Ebenen leisten Sie mit plastship einen Beitrag?

plastship nutzt die Möglichkeiten von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI), um die Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe auf ein neues Level zu bringen. Wir legen den Fokus auf die Implementierung von KI in unser tägliches Arbeiten. Ziel ist es, Prozesse zu vereinfachen und dem Kunden ein optimales Produkt an die Hand zu geben. Wichtig ist vor allem, ungenutzte Potenziale zu identifizieren. Hierzu sammeln wir entlang der Prozesskette vielfältige Daten, von der Entstehung von gebrauchten Kunststoffen über die Verwertungswege bis hin zum Endanwender. Diese werden mit KI analysiert und aufbereitet, sodass ein übersichtliches Marktbild entsteht, um Stoffströme anschließend zielgerichtet zu verwerten.

Darüber hinaus haben wir eine Taskforce rund um das Thema Kunststoffrecycling gegründet. Dort tauschen wir uns regelmäßig mit unseren Partnern über die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Kunststoffrecycling aus und wollen möglichst schnell entlang der Gegebenheiten agieren und reagieren.

Über Lukas Schneider:

Lukas Schneider ist 26 Jahre jung und derzeit als Business Development Manager bei der plastship GmbH tätig. Den Weg in die Kreislaufwirtschaft hat er bereits direkt nach seiner Ausbildung zum Industriekaufmann gefunden, zunächst als Junior Sales Manager für einen mittelständischen Entsorger. Kurze Zeit später wechselte er ins Kunststoffrecycling und verantwortete den Einkauf und den Stoffstrom einer Joint-Venture-Anlage zwischen PreZero und der Meinhardt-Gruppe. Bei plastship ist er für die Geschäftsentwicklung zuständig. Lukas Schneider ist vorrangig für die Input-Versorgung von recyclingfähigen, gebrauchten Kunststoffen sowie den Bereich Werksentsorgung von Kunststoff herstellenden bzw. verarbeitenden Unternehmen zuständig. Aber auch die Vermarktung von Rezyklaten in Form von Regranulaten, Agglomeraten und Mahlgütern gehört zu seinen Aufgaben.

Portrait Lukas Schneider Plastship

Was sind die größten Herausforderungen, mit denen Sie bei plastship konfrontiert werden?

plastship stellt sich seit der Gründung einer großen Herausforderung: einem volatilen Markt. In der Coronazeit entwickelte sich ein Trend zur Nachhaltigkeit, befeuert durch die Gen-Z, was die Nachfrage nach Rezyklaten boomen ließ. Die Recycler konnten diese Nachfrage nicht so schnell befriedigen, wodurch die Preise in die Höhe schnellten. Seit 2023 befinden wir uns allerdings wieder in einer Abwärtsspirale, einhergehend mit einer schwachen Baubranche und hohen Energiekosten. Dies hat zu höheren Prozesskosten für die Rezyklatherstellung geführt. Gleichzeitig sind die Preise für Kunststoff-Neuware als Folge von weltweiten Überkapazitäten gesunken. Rezyklate wurden teilweise doppelt so teuer wie Neuware. Dies verursachte eine Nachfrageflaute auf dem Rezyklatmarkt. Nun kämpfen wir mit einer schwachen Automobilbranche und einer generell schwächelnden Wirtschaft in Deutschland. All das birgt auch in Zukunft große Herausforderungen für die gesamte Branche.

Diesen Herausforderungen stellt sich plastship erfolgreich. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Richtig. Trotz der widrigen Begleitumstände ist es uns gelungen, das Unternehmen stetig weiterzuentwickeln. Angefangen von strategischen Partnerschaften als Grundlage für unser Beratungsgeschäft, über die stetigen Belieferungen namhafter Kunden, bis hin zur Förderung durch das Land Hessen, um ein Qualitätserfassungssystem für Rezyklate und eine Stoffstrom-KI zu entwickeln. In Summe befindet sich plastship auf einem vielversprechenden Weg für die kommenden Jahre, die geprägt sein werden von der europäischen Idee einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft.

Plastship LogoRigk GmbH Logo

Über die plastship GmbH:

plastship ist eine Tochtergesellschaft der RIGK GmbH, deren Kerndienstleistung das Betreiben von Rücknahmesystemen für Kunststoffverpackungen und Kunststoffe aus der Industrie, dem Gewerbe und der Landwirtschaft ist. Ziel ist es, die Stoffströme aus den Rücknahmesystemen recyceln zu lassen. plastship arbeitet mit RIGK an der nächsten Stufe des Kreislaufs zusammen: dem Recycler.

Die Aufgabe von plastship besteht darin, Märkte für produzierte Rezyklate zu entwickeln und deren Qualität zu standardisieren. Darüber hinaus betreibt plastship Werksentsorgungen von Kunststoff herstellenden bzw. verarbeitenden Unternehmen. plastship steuert außerdem eine Datenbank zu Rezyklaten und berät seine Kunden in den Bereichen Materialqualifizierung, Analytik und Design for Recycling. Dabei arbeitet das Unternehmen mit der RIGK-Geschäftseinheit PlastCert zusammen, über die es Materialtests anbietet und Zertifizierungen vermittelt.

Warum sind gebrauchte Kunststoffe und die Weiterverarbeitung zu Rezyklaten für Sie der Schlüssel zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und damit zu mehr Nachhaltigkeit?

Rohstoffe sind endlich! Kunststoffneuware wird aus fossilen, klimaschädlichen Rohstoffen gewonnen, die irgendwann knapp werden. Um dem entgegenzuwirken, ist es von enormer Wichtigkeit, eine funktionierende Infrastruktur zu fördern. Nur so lassen sich Kreisläufe schließen. In den vergangenen Dekaden hat die Branche bereits beachtliche Sprünge in die richtige Richtung gemacht. Nichtsdestotrotz besteht weiterhin enormes Potenzial in Europa und weltweit. In diesem Zusammenhang befürworten wir den Beschluss zum Exportverbot von Abfällen über die Grenzen der EU hinaus ab 2026. Damit wird ein wichtiger Grundstein gelegt, dass in der EU entstandene Abfälle auch hier verbleiben und möglichst stofflich verwertet werden.

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Die EU-Verpackungsverordnung schreibt für Kunststoffverpackungen unter anderem verbindliche Rezyklat-Einsatzquoten, ausgenommen Verbundverpackungen, sowie Sonder-Reduktionsziele und sogar Verbote vor. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Zunächst ist die EU-Verpackungsverordnung als Instrument zur Förderung des Rezyklateinsatzes in Verpackungen durchaus positiv zu betrachten. Wir sind uns sicher, dass vor allem die Rezyklateinsatzquoten für Verpackungen ein vielversprechender Hebel sind, um diese Entwicklung zu beschleunigen und die Märkte für Sekundärrohstoffe zu stabilisieren.

Das nicht begründete quasi Verbot für Einwegindustrieverpackungen durch die Einführung der Wiederverwendungsquoten halten wir für falsch! Sie gefährden europäische Lieferketten und entsprechen weder ökologisch noch ökonomisch einem sinnvollen Verbot von Einwegverpackungen. Die Ausnahme von Mindesteinsatzquoten bei Verbundverpackungen sehen wir als unsinnig an. Sie fördert den Inverkehrbringer von Verpackungen lediglich auf, nicht recyclebare Verbundverpackungen zu nutzen, was wiederum ein Bärendienst für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ist.

Die „Kunststoffverbesserer“: Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.

16. Dezember, 2024|
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