Morris Kurz, Co-Founder von hey circle, beschäftigt sich intensiv mit den ökologischen Auswirkungen von Verpackungen. Alles begann mit seiner Erkenntnis, dass Verpackungsabfall eines der größten ungelösten Umweltprobleme ist – insbesondere im E-Commerce. Mit hey circle will er eine echte Alternative schaffen: nachhaltige Verpackungen und ein Mehrwegsystem, das nicht nur resourcenschonend ist, sondern auch wirtschaftlich Sinn ergibt. Im Interview spricht er über Innovationen bei Mehrwegverpackungen, den künftigen Einsatz von Rezyklat und warum es mutige Denkerinnen und Denker braucht, um nachhaltige Prozesse in Unternehmen voranzutreiben. 

Was bedeuten Innovation und Transformation für Sie und hey circle im Kontext von Kunststoffverpackungen und einer effizienten Kreislaufwirtschaft?

Innovation bedeutet für uns, die Art und Weise zu überdenken, wie Verpackungen genutzt werden. Anstatt Ressourcen für Einwegverpackungen zu verschwenden, setzen wir auf langlebige Mehrweglösungen, die über viele Zyklen hinweg CO₂ und Abfall einsparen. Transformation heißt, den gesamten Prozess von der Herstellung bis zur Wiederverwendung zu optimieren – mit langlebigen Materialien, einem effizienten Rücklaufsystem und IT-gestütztem Tracking. Wir fördern sie ökologisch durch CO₂-Reduktion und Abfallvermeidung, wirtschaftlich durch Kosteneinsparungen für Unternehmen und technologisch durch datengetriebene Mehrwegprozesse. 

Hey circle Mehrweg Versand Box Spanngurt

Hey circle Mehrweg Versand Box Spanngurt

Copyright: hey circle

Über Morris Kurz:

Morris Kurz ist CTO und Co-Founder von hey circle. Sein Interesse an Daten hängt eng mit seinem von Mathematik und Informatik geprägten akademischen und beruflichen Hintergrund zusammen. Mit seiner Leidenschaft für Nachhaltigkeit und Social Impact bearbeitet er eines der größten Abfallprobleme unserer Zeit. Sein Ziel: den E-Commerce mit wiederverwenbaren Boxen und Taschen zu revolutionieren. Zu unseren größten Herausforderungen gehört es, Nachhaltigkeit mit maximal attraktiven Kosten zu verbinden. Darüber hinaus müssen wir einen neuen Logistik- und IT-Prozess mit maximaler Convenience und ohne Zusatzaufwand für Onlinehändler etablieren – genau daran arbeiten wir“, erläutert Kurz. 

Portrait Morris Kurz © hey circle

Morris Kurz von hey circle

Copyright: hey circle

Warum sind Mehrwegboxen die umweltfreundlichere Alternative zu Einwegkartons?

Einwegkartons bestehen zwar oft aus nachwachsenden Rohstoffen, sind aber nur begrenzt recycelbar und haben eine kurze Lebensdauer. Jede einzelne Kartonproduktion verursacht Emissionen und benötigt Energie. Unsere Mehrwegboxen hingegen sind so konzipiert, dass sie bis zu 50 Umläufe durchlaufen können – dadurch sparen wir nicht nur Material, sondern auch Energie, Wasser und CO₂. Eine Studie von Ökopol für hey circle zeigt, dass Mehrwegsysteme bereits nach wenigen Umläufen ökologisch vorteilhafter sind als Einwegkartons. Zudem vermeiden wir Müll, der sowohl Unternehmen als auch Verbraucherinnen und Verbraucher belastet. Für viele Kunden stehen aber auch bis zu 53 % Kostenersparnis im Vordergrund, weil sie Verpackungen wiederverwenden statt neu kaufen. 

Heycircle Abfallgewicht

Heycircle Abfallgewicht

Copyright: hey circle

Aktuell verwendet hey circle noch kein Rezyklat. Wieso nicht – und gibt es Pläne, dies in Zukunft zu ändern?

Zu Beginn haben wir auf Neumaterial gesetzt, weil es eine höhere Stabilität und Lebensdauer garantiert hat. Es war eine Herausforderung, Kunststoff-Rezyklate mit gleichbleibender Qualität zu finden, die robust genug für Mehrwegverpackungen sind. Ich freue mich aber sagen zu können, dass wir seit der aktuellen Produktion Rezyklat einsetzen. Alle Produkte, die seit dem ersten Quartal dieses Jahres hergestellt wurden, enthalten Rezyklat und sind aufgrund verschiedener Design-Anpassungen sogar noch haltbarer als zuvor. 

Über hey circle:

Die hey circle GmbH wurde im April 2021 von Doris Diebold gegründet und ist seit Mai 2022 am Markt aktiv. Das Unternehmen wird von Geschäftsführerin Doris Diebold und Chief Technology Officer (CTO) Morris Kurz geleitet. hey circle entwickelt und vermarktet nachhaltige Mehrweg-Versandverpackungen für den E-Commerce und die Intralogistik. Die wiederverwendbaren Boxen und Taschen können bis zu 50 Mal eingesetzt werden und tragen dazu bei, Abfall und CO₂-Emissionen im Vergleich zu Einwegverpackungen deutlich zu reduzieren. Das Ziel von hey circle ist es, den Mehrweg-Versand als Standard im Onlinehandel zu etablieren und somit einen positiven Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. 

Portrait Heike Vesper © Kathrin Tschirner WWF

Hey Circle Logo

Welche logistischen Herausforderungen gibt es bei Mehrwegsystemen, die Einweg nicht hat? Wie können diese gelöst werden?

Mehrwegsysteme erfordern eine funktionierende Rückführung und gegebenenfalls Reinigung der Verpackungen. Während Einwegverpackungen einfach entsorgt werden, müssen Mehrwegboxen effizient zurückkommen, ohne hohe Kosten zu verursachen. Da wir an den Preisen der Paketdienstleister für Retouren aktuell noch nicht schrauben können, treiben wir den Mehrweg-Versand in den Anwendungsfällen voran, wo es keine Leer-Retouren gibt: geschlossene Kreisläufe in der Intralogistik, beim Geräte-Austausch, bei Miet- und Reparatur-Modellen, bei Auswahlbestellungen im Fashion-Bereich. Auch für die gebündelte Rücksendung von Verpackungen lässt sich unser Mehrwegsytem gut einzusetzen. 

Sehen Sie eine Zukunft, in der Einweg in der Logistik weitgehend verschwindet, oder wird es immer eine Mischung aus beiden geben?

Einweg wird nicht komplett verschwinden. Aber es wird klar werden, dass Mehrweg in vielen Fällen die bessere – und oft auch kostengünstigere – Wahl ist. Besonders im B2B-Bereich und in wiederkehrenden Versandprozessen werden künftig wiederverwendbare Verpackungen bevorzugt. Innovationen wie leichtere und noch robustere Materialien, automatisierte Aufstellungssysteme und integrierte Tracking-Technologien werden Mehrweg weiter optimieren. Die erhöhte Transparenz durch individuelles Tracking macht Mehrweg in Zukunft noch attraktiver. Zudem werden gesetzliche Vorgaben und CO₂-Bepreisung Unternehmen dazu bringen, nachhaltige Alternativen zu bevorzugen. 

Welche Verantwortung tragen aus Ihrer Sicht junge Talente für die Transformation zur Circular Economy?

Junge Talente haben die Chance, traditionelle Geschäftsmodelle in Frage zu stellen und neue Lösungen zu entwickeln. Es braucht mutige Denkerinnen und Denker, die in Unternehmen nachhaltige Prozesse vorantreiben, Mehrweglösungen in der Praxis etablieren und digitale Technologien für mehr Effizienz nutzen. Zudem können sie durch bewusste Konsumentscheidungen und durch die Wahl nachhaltiger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber direkt zur Veränderung beitragen. Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern die Zukunft – und die nächste Generation spielt dabei eine entscheidende Rolle. 

 

Die „Kunststoffverbesserer

Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.