Morgens mit dem Auto statt Bus und Bahn unterwegs, mittags das Essen vom Lieferservice bestellen und abends noch schnell Bücher und Kleidung im Internet kaufen: Die Pandemie hat das Alltags- und Konsumverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher massiv verändert. Damit einher gingen ein verändertes Abfallaufkommen und der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit bei vielen Menschen. Unternehmen im Bereich Kunststoff machen hier vor, wie Recycling und Kreislaufwirtschaft der Zukunft funktionieren. Währenddessen beschäftigen sich Politik und Wirtschaftsvertreter mit dem Verpackungsgesetz ab, das die Kreislaufwirtschaft stärken soll, aber nicht bei allen Akteuren auf uneingeschränkten Zuspruch stößt.

Innovationen bei Recycling

Recycling ist ein wichtiges Thema für Unternehmen der Kunststoffindustrie, in der ständig Innovationen entstehen. So investiert beispielsweise die Alpla Group, ein international tätiger Hersteller von Kunststoffverpackungen und Recyclingspezialist, am italienischen Standort Anagni in eine Extrusionsanlage für lebensmitteltaugliches recyceltes PET (rPET) aus gebrauchten PET-Flaschen.

Kunststoffverpackung Abfall pro Kopf KreislaufwirtschaftÄhnliche Bestrebungen gibt es auch in Deutschland. Dort dient eine neue Pilotanlage in Lahnstein bei Koblenz dem Recycling von Post-Consumer-Kunststoffabfall. Sie soll Rezyklate für anspruchsvolle Anwendungen liefern. Die Anlage wird von dem Sortier- und Recyclingtechnikspezialisten Tomra, dem Kunststoffkonzern Borealis und dem Recycler Zimmermann in Kooperation betrieben. Auch Covestro engagiert sich für eine Zukunftstechnologie: Das Unternehmen plant, mit rezyklierten, CO2– und biobasierten Kunststoffen die Umstellung des 3D-Drucks auf die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.

Das Unternehmen Storopack beweist ebenfalls, dass Kunststoff und Recycling Hand in Hand gehen können: Der Hersteller von Transport- und Schutzverpackungen aus Metzingen produziert mit AIRplus® zu 100 Prozent recycelte Luftkissen. Die Luftkissen schützen Produkte im Versandkarton während des Transports – und das auf nachhaltige Weise ohne Qualitätsverlust.

 

Nachhaltigkeit in der Pandemie

Die Verlagerung eines Großteils der Einkäufe in die Online-Welt führt dazu, dass mehr geliefert wird und mehr Verpackung anfällt. Wie eine Studie des Deutschen Verpackungsinstituts (DVI) und der Umweltschutzorganisation WWF zeigt, plädieren Verbraucher hier für mehr Nachhaltigkeit, zum Beispiel beim Thema Essen und Getränke: Rund zwei Drittel der Befragten sind auch bereit, Pfandbehälter, selbst mitgebrachte Boxen und Becher oder wenigsten Einwegverpackungen, die recycelt werden können, für Essen to go zu nutzen.

Das vergangene Jahr hat aber auch gezeigt, welche zentrale Rolle Verpackungen dabei spielen, wichtige Güter wie Lebensmittel und Medikamente frisch zu halten und sicher zu lagern. Das stellt das Unternehmen Henkel in dem Beitrag „Verpackung neu denken während einer globalen Pandemie“ fest. Nachhaltigkeit spielt dabei eine zunehmend wichtige Rolle: Laut einem aktuellen Bericht von McKinsey haben die führenden Unternehmen aus dem Bereich FMCG und dem Einzelhandel ihre Ziele in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Verpackungen auch in der Krisensituation nicht aufgegeben. Sie streben weiterhin danach, langfristig eine hohe Recyclingfähigkeit ihres gesamten Verpackungsportfolios zu erreichen.

Henkel selbst hat insgesamt fast 700 Millionen Flaschen aus 100 Prozent recyceltem Kunststoff für seine Wasch- und Reinigungsmittel in Europa auf den Markt gebracht.

Novelle des Verpackungsgesetztes: Gemischtes Echo

Den Konsumentenwünschen kommt eine Novelle des Verpackungsgesetzes entgegen: Demnach sollen ab 2023 Restaurants und Cafés ihre Lebensmittel und Getränke zum Mitnehmen wahlweise auch in einer Mehrwegverpackung anbieten, wie faz.net in dem Beitrag „Mehr Pfand und Mehrweg to go“ berichtet. Zudem hat das Bundeskabinett, ebenfalls  auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die Pfandpflicht ab 2022 auf sämtliche Getränkeflaschen aus Einwegkunststoff sowie Getränkedosen erweitert. Darüber hinaus müssen PET-Getränkeflaschen ab 2025 aus mindestens 25 Prozent Recyclingkunststoff bestehen.

Vertreter der Kunststoffindustrie begrüßen die Stärkung der Kreislaufwirtschaft. So unterstützen der Verband der Kunststofferzeuger PlasticsEurope Deutschland (PED) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) die im Entwurf enthaltenen Vorschläge, um die Abfallvermeidung und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. PED-Hauptgeschäftsführer Ingemar Bühler ordnet die Vorschläge entsprechend positiv ein: Kunststoffverpackungen seien aus gutem Grund häufig das Mittel der Wahl. Um auch den Umgang mit Verpackungsabfällen weiter zu verbessern, müsste man Kunststoffe in der Wertschöpfungskette halten.

Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. begrüßt, dass der Entwurf grundsätzlich auf eine 1:1-Umsetzung von europäischen Vorgaben abzielt. Positiv bewertet die IK auch, dass Mehrwegoptionen unterstützt werden, so lange dies auf ökologischen Fakten und Vorteilen beruht. Für Zweifel sorgt beim Verband dagegen die Verfügbarkeit von genügend recyceltem PET.

Auch  bei anderen Akteuren stoßen die Veränderungen auf Zuspruch: Kritik kam von den Umweltverbänden und Verbraucherzentralen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland monieren vor allem die Ausnahmen für kleinere Betriebe. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband sorgt sich hingegen um zusätzliche Belastungen durch strengere Vorgaben.

Tatsächlich ist Mehrweg nicht generell nachhaltiger als Einweg. Beim Einsatz von Rezyklat gebe es größere Baustellen als den Getränkebereich, so Verpackung.org in dem Text „Zweischneidige Neuregelungen des Verpackungsgesetzes. Die Kreislaufwirtschaft muss im Fokus bleiben“. Wichtiger als imagegetriebene Beschlüsse sei die Kreislauffähigkeit.

Wege in die Zukunft

Line to Circle gibt mit dem Beitrag „5 Themen, die uns auch 2021 begleiten“ einen Ausblick zu den Entwicklungen in der Kreislaufwirtschaft in diesem Jahr: Weiterhin wichtige Themen werden demnach die Auswirkungen des Coronavirus sowie mehr Klima-und Umweltpolitik sein. Zudem bleibt Plastik weiterhin im Fokus – auch bei Unternehmen. Innovationen und Start-ups werden entstehen und neue Tools sowie Standards die Messbarkeit verbessern.

 

 

Auch der Verband der Kunststofferzeuger, PlasticsEurope, stellt sich 2021 neu auf: Zum Jahresbeginn folgte Ingemar Bühler als Hauptgeschäftsführer auf Dr. Ingo Sartorius, der diese Funktion seit Mai vergangenen Jahres kommissarisch übernommen hatte, nachdem der langjährige Hauptgeschäftsführer Dr. Rüdiger Baunemann unerwartet verstorben war. Sartorius kehrt wieder zurück in seine bisherige Aufgabe als Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Mensch und Umwelt.

Plastik Recycling Ziele 2025 Kunststoff Verpackung NachhaltigkeitIn Sachen Recycling weist eine Zahl aus der Vergangenheit positiv in die Zukunft: Der Anteil werkstofflich verwerteter Kunststoffe ist um 50 Prozent gestiegen. Das berichtet die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) in ihrem Jahresbericht zur Transparenz beim Verpackungsrecycling. Die Verwertungsquote von Kunststoffverpackungen liegt damit bei der gesetzlichen Vorgabe von 58,5 Prozent.