Experten aus Industrie, Politik und Wissenschaft beobachten schon länger kritisch den Trend zur Substitution von reinen Kunststoffverpackungen durch Papier-Verbunde – also Verpackungen aus einem Materialmix aus Papier und Kunststoff. Nicht selten werden diese mit „weniger Plastik“ beworben und dem Verbraucher damit eine besondere Umweltfreundlichkeit suggeriert. Vor allem bei Serviceverpackungen und höherpreisigen Lebensmitteln sowie Bio-Artikeln ist dieser Trend häufiger zu beobachten.

Eine Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) im Auftrag der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen bestätigt diese Bedenken nun und kommt zu drei wesentlichen Erkenntnissen unter der Überschrift: Papierverbunde schaden der Kreislaufwirtschaft.

Papierverbunde

Erkenntnis Nr. 1: Papierverbunde verursachen mehr Verpackungsabfall

Papierverbunde ersetzen bereits heute zunehmend reine Kunststoffverpackungen und ihr Anteil wird bis 2025 weiter zunehmen. Ausschlaggebend ist deren gute Vermarktbarkeit in Zeiten des allgemeinen Plastikbashings. Dabei benötigen Papierverbunde im Schnitt 40 Prozent mehr Material, um dieselbe Menge an Produkten zu verpacken. Erwartet wird, dass bis zum Jahr 2025 durch Papierverbunde insgesamt 25 Tausend Tonnen mehr Abfall anfallen werden.

Erkenntnis Nr. 2: Papierverbunde bereiten Probleme beim Recycling

In der Regel ist nur der Faseranteil der Verbundverpackung recyclingfähig, welcher meist bei über 70% liegt. Für die übrigbleibende Kunststoffbeschichtung bleibt nur der Weg der energetischen Verwertung. Zudem konstatiert die GVM, dass das faktische Recycling des Faseranteils zurzeit massiv hinter der theoretischen Recyclingfähigkeit hinterherhinkt und der steigende Anteil an Verbunden zunehmend Probleme beim Altpapier-Recycling bereitet. Besonders bedauerlich ist es deshalb, wenn gut recyclingfähige Kunststoffverpackungen ersetzt werden, was mehrheitlich der Fall ist.

Erkenntnis Nr. 3: Papierverbunde ersetzen auch nicht oder nur begrenzt recyclingfähige Kunststoffverpackungen

Papierverbunde ersetzen zum Teil auch Kunststoffverpackungen, die nach heutigem Stand nicht oder nur begrenzt recyclingfähig sind. Aufgrund der derzeit stattfindenden Investitionen in die Kreislaufwirtschaft geht jedoch die GVM davon aus, dass sich die Recyclingfähigkeit im Kunststoffverpackungsmarkt bis 2025 weiter deutlich verbessern wird. Hier tritt die Substitution durch Papierverbunde also in Konkurrenz zur Optimierung der Recyclingfähigkeit im Kunststoffverpackungsmarkt.

Nachhaltigkeitsstrategien setzen auf recyclingfähige Kunststoffverpackungen und Rezyklateinsatz

Dr Isabell Schmidt Geschaeftsfuehrung IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen Plastikgipfel

Dr. Isabell Schmidt

„Wie so oft lohnt sich ein zweiter Blick, auch hinter grün wirkende Überschriften und Werbebotschaften“, sieht sich Dr. Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin und Expertin für Kreislaufwirtschaft in der skeptischen Haltung bestätigt. „Der Ersatz von Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde ist Greenwashing. Wenn es bei der Verpackung auf die besonderen Eigenschaften des Materials Kunststoffs ankommt, dann sollte auf Papierfasern komplett verzichtet werden, und eine voll recyclingfähige Kunststoffverpackung gewählt werden.“

Dass diesen Weg auch viele Inverkehrbringer mitgehen wollen, zeigen die von der GVM geführten Interviews. Viele Marktteilnehmer äußern starke Zweifel an der ökologischen Vorteilhaftigkeit von Papierverbunden und wollen im Sinne der Nachhaltigkeit den Einsatz von Kunststoffrezyklaten stärken. Die überwiegende Zahl der Befragten will ihre Kunststoffverpackungen nicht durch Papierverbunde ersetzen.

Über die Studie:

Die von GVM durchgeführte Studie analysiert folgende Fragestellungen: Wie stark ist wirkt sich die Substitution durch Papierverbunde voraussichtlich bis 2025 aus? In welchen Marktsegmenten findet sie statt? Und welche Auswirkungen besitzt sie auf den Materialverbrauch und die Recyclingfähigkeit der Verpackungen?

Als Papierverbunde zählen dabei alle kunststoffbeschichteten Papierverpackungen mit oder ohne Aluminium, auch wenn der Papieranteil bei über 95% liegt. Die Substitution von Kunststoffverpackungen durch reine Papierverpackungen und andere Materialen sowie den Trend zu unverpackter Ware waren nicht Gegenstand der Studie. Die Recyclingfähigkeit bemisst sich nach dem Mindeststandard der Zentralen Stelle Verpackungsregister.

Beispiele aus der Studie:

Getränkebecher - Kunststoff im Vergleich mit Becher aus Papierverbunde

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