Die im Juli 2020 beschlossene EU-Plastikabgabe führt zu Diskussionen über eine eventuelle Gegenfinanzierung. Einige NGOs fordern gar eine “Plastiksteuer” auf Kunststoffverpackungen. Aus Sicht der Industrie sprechen jedoch wichtige ökologische und ökonomische Gründe gegen eine solche Steuer.
Die Hersteller von Kunststoffverpackungen in Deutschland fühlen sich dem Ziel einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft verpflichtet, in der sämtliche Kunststoffverpackungen entweder wiederverwendet oder recycelt werden und erheblich mehr recycelte Kunststoffe enthalten als heute. Dieses Ziel wird aber nicht zu erreichen sein, wenn die Unternehmen mit einer weiteren Abgabe belastet werden, und ihnen damit Mittel entzogen werden, die sie für notwendige Investitionen im Sinne der Kreislaufwirtschaft benötigen.
Negative Folgen für Umwelt und Klima
Forderungen nach einer nationalen Plastiksteuer werden damit begründet, dass der Einsatz von Kunststoff-Neuware im Sinne des Umweltschutzes verteuert werden sollte. Dabei wird übersehen, dass eine finanzielle Belastung des Verpackungsmaterials Kunststoff lediglich dazu führen würde, dass andere, in der Regel ökologisch schlechtere Verpackungsmaterialien, günstiger und damit wettbewerbsfähiger werden. In Italien beispielsweise, wo die Diskussion um eine nationale Plastiksteuer seit langem geführt wird, werden verstärkt nicht oder nur schlecht recycelbare Papier-Kunststoff-Verbundverpackungen genutzt, weil sie weniger Kunststoff enthalten. Der Anteil solcher Papierverbundverpackungen wächst auch in Deutschland stark und bringt erhebliche Probleme für das Recycling mit sich. Andere Verpackungsalternativen sind nicht nur deutlich teurer, sondern weisen oft aufgrund von Gewicht und Energiebedarf einen größeren CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Kunststoffverpackungen auf.
Hemmnisse für Investitionen in die Kreislaufwirtschaft
Der Wandel hin zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe erfordert erhebliche Investitionen der Unternehmen in das recyclinggerechte Design von Kunststoffverpackungen, neuen Materialien und Maschinen. Viele Inverkehrbringer haben sich ehrgeizige Kreislauf-Ziele gesteckt – bis hin zu vollständig recycelbaren und aus recycelten Kunststoffen bestehenden Verpackungen. Eine Steuer auf Kunststoffverpackungen würde kontraproduktiv in diese Vorhaben eingreifen, die Investitionsbereitschaft der Akteure und so das Erreichen der Ziele hemmen. Überdies erfordern die Recyclingziele, die sich die EU und Deutschland gesetzt haben, einen erheblichen Ausbau der Recycling-Infrastruktur in den nächsten Jahren, da die hohen Quoten mit den vorhandenen Anlagen nicht zu erreichen sind. Sollte der Einsatz von Kunststoff mit zusätzlichen Abgaben belegt werden, würden diese Mittel dem Markt entzogen und könnten nicht in den Ausbau und die Erneuerung der Recycling-Infrastruktur investiert werden.
Dafür setzt sich die Industrie ein:
1. Marktwirtschaftliche Anreize setzen
Die Politik sollte den Übergang zur Kreislaufwirtschaft durch marktwirtschaftliche Instrumente unterstützen und nicht durch Steuern behindern.
2. Recyclingfähigkeit finanziell belohnen
Die Überarbeitung des § 21 Verpackungsgesetz bietet die Gelegenheit, stärkere finanzielle Anreize für das recyclinggerechte Design von Verpackungen und den Einsatz von recycelten Kunststoffen zu setzen.
3. Europaweit einheitliche Anreize setzen
Europaweit einheitliche finanzielle Anreize für Recyclingfähigkeit und den Rezyklateinsatz in Verpackungen wären ein echter Innovationstreiber und würden Investitionen in das Verpackungsdesign und die Recycling-Infrastruktur erheblich fördern.
Die “Plastiksteuer” im Faktencheck
Um die “Plastiksteuer” ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden. Daher hat die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen die “Plastiksteuer” einem Faktencheck unterzogen:
“Die EU hat eine Plastiksteuer beschlossen, die jetzt in Deutschland umgesetzt werden soll.”
FALSCH: Tatsächlich handelt es sich bei der sogenannten “Plastiksteuer” lediglich um eine Methode zur Berechnung des erhöhten EU-Mitgliedsbeitrags infolge des Brexit und nicht um eine Steuer. Die zusätzlichen Mittel fließen aus dem nationalen Steueraufkommen ohne Zweckbindung in den allgemeinen EU-Haushalt.
“Eine Plastiksteuer wird das Recycling und die Kreislaufwirtschaft fördern.”
FALSCH: Im Gegenteil: Eine Besteuerung von Kunststoff würde den Anteil schwer oder gar nicht recyclbarer Papier-Kunststoff-Verbunde weiter erhöhen.
Außerdem würden eine Steuer auf Kunststoff dazu führen, dass andere Verpackungsmaterialien günstiger und damit wettbewerbsfähiger werden. Diese Verpackungsalternativen sind jedoch oftmals ökologisch deutlich nachteiliger, da sie aufgrund von Gewicht und Energiebedarf einen größeren CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Kunststoffen aufweisen.
“Neue Kunststoffe sind im Vergleich zu Rezyklaten zu billig”
TEILWEISE FALSCH: Tatsächlich sind Kunststoffrezyklate in der Regel viel günstiger als Neuware. Lediglich auf dem Markt für hochqualitative Rezyklate für Lebensmittelverpackungen (in der Regel rPET) sind die Preise mit Neuware vergleichbar bzw. liegen teilweise sogar darüber.
“Die Unternehmen zahlen nicht für die entstehenden Plastikabfälle”
FALSCH: Wer in Deutschland verpackte Waren auf den Markt bringt, leistet mit den Lizenzgebühren für die dualen Systeme (Gelber Sack/Gelbe Tonne) bereits heute einen wesentlichen finanziellen Beitrag, um das Recycling von Kunststoffverpackungen zu fördern. Hinzu kommt ein äußerst effektives Sammelsystem für pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackungen, das einen Stoffstrom für die Gewinnung von hochwertigen lebensmitteltauglichen Rezyklaten darstellt.