Die Zahlen sind erschreckend: Rund 4,9 Milliarden Tonnen Plastikmüll sollen zwischen 1950 und 2015 auf Deponien und in der Umwelt gelandet sein. Um weitere Einträge zu verhindern und deutlich mehr Abfälle als Rohstoffe zu nutzen, muss sich etwas ändern.
Und tatsächlich ändert sich bereits eine ganze Menge. Der Wandel von der linearen (produzieren, verwenden, entsorgen) zur Kreislaufwirtschaft (produzieren, verwenden, recyceln/reparieren/wiederverwenden) findet bereits tagtäglich statt.
Klar, eine wachsende Zahl an Menschen, die stetig auch mehr konsumieren, verursachen auch immer mehr Abfall. Lösungen dafür liegen jedoch auf der Hand: wann immer es geht Müll vermeiden durch langlebige und mehrfache Verwendung.
Außerdem gilt: Abfall, der sich nicht vermeiden lässt, nicht achtlos wegzuwerfen, sondern verantwortungsvoll zu entsorgen. Damit kann er – wann immer möglich – recycelt werden.
Mit der Kreislaufwirtschaft werden aus Abfällen wieder Rohstoffe. So trägt die Kreislaufführung von Rohstoffen maßgeblich zum Klimaschutz bei, da das Aufbereiten von diesen sogenannten Sekundärrohstoffen häufig mit geringeren CO2-Emissionen gelingt, als die Erzeugung neuer Rohstoffe.
Bilanz beim Kunststoffrecycling zeigt weiterhin positiven Trend
Allerdings wird derzeit trotz flächendeckender Sammel-, Sortier- und Verwertungsstruktur insgesamt noch zu wenig recycelt. Auch wenn der Weg stimmt: Denn die stoffliche Verwertung von Kunststoffverpackungen ist laut der GVM Recycling Bilanz im Jahr 2020 um 5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die Recyclingquoten liegt insgesamt bei 60,5 Prozent, wenn man den Gesamtmarkt von Kunststoffverpackungen betrachtet. Die Recyclingquote der PET-Flaschen, die am Pfandautomaten zurückgegeben werden betrug im Jahr 2020 fast 98 Prozent.
Auch andere Materialarten wie Papier und Aluminium zeigen beim Recycling eine aufsteigende Tendenz. Im Jahr 2020 wurden knapp 81,6 Prozent des Verpackungsabfalls recycelt – 0,2 Prozentpunkte mehr als 2019.
So sollte der Fokus in der öffentlichen Diskussion weg von dem führen, was man alles nicht mehr machen will, und stärker auf Lösungen und positiven Ansätzen liegen.
Ziele statt Verbote – Was heißt das?
Statt weiterer Verbote braucht es Ziele und konkrete Pläne für das, was Deutschland bei der Wende hin zu mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit erreichen kann und will.
Innerhalb der Kunststoffverpackungsindustrie haben die im Circular Economy Action Plan – kurz CEAP – adressierten Themen bereits Priorität, beispielsweise beim Setzen eigener ambitionierter Recyclingziele für 2025: 90 Prozent recycling- oder mehrwegfähige Verpackungen (heute 75 Prozent) sowie eine Million Tonnen Rezyklateinsatz in Kunststoffverpackungen in Deutschland (heute 400.000 Tonnen).
Produkte neu denken
Mit dem Leitfaden Eco Design von Kunststoffverpackungen leistet die Industrie einen zusätzlichen Beitrag zur angekündigten Strategie für nachhaltige Produkte.
„Für die Kunststoffindustrie bringt der angestoßene Wandel auch neue Chancen. Wie kein anderes Material werden Kunststoffe schließlich für die klimaneutrale Wirtschaft gebraucht, ob als Rotorblätter von Windenergieanlagen oder als energie- und ressourcensparende Verpackungen für Lebensmittel und andere Produkte“, sagt Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft bei der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. „Wir arbeiten mit Hochdruck am Schließen der Kreisläufe und Neudenken unserer Produkte“, ergänzt sie.
Recyclingfähigkeit ausbauen
Wird das Recycling weiter ausgebaut, lassen sich Stoffströme stärken und Kreisläufe schließen. Es sind Lösungen gefragt, die die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen weiter verbessern.
„Wir Kunststofferzeuger sind schon heute ein wichtiger Teil des Transformationsprozesses, der durch den CEAP der EU-Kommission angestoßen wurde“, erklärt Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer beim Kunststofferzeugerverband PlasticsEurope Deutschland. „Die Abkehr vom linearen Verbrauch von Ressourcen ist längst als Ziel bei Politik, Industrie und Gesellschaft angekommen. Unsere Branche treibt das Umdenken hin zu einer Kreislaufwirtschaft, in der wir Ressourcen so lange wie möglich weiter nutzen, auf vielfältige Weise voran.“
Vom Design bis zum Rezyklateinsatz
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Kunststoffindustrie viel stärker in Richtung zirkulärer Rohstoffe und neuer Materialkreisläufe denkt und investiert. Fast täglich werden Innovationen quer durch die Kunststoff-Wertschöpfungskette vorgestellt. Damit lassen sich mehr Kunststoffabfälle recyceln und alternative Rohstoffe in der Kunststoffproduktion nutzen.
Wichtige Ansätze sind nachhaltiges Produktdesign, verbesserte Abfallsortiertechnologien oder diversifizierte Rohstoffquellen.
Heutige Müllsortierverfahren können noch nicht zuverlässig zwischen recycelbaren und nicht recycelbaren Verpackungen unterscheiden. Deshalb dokumentiert R-Cycle Verpackungseigenschaften während der Produktion und stellt diese Daten zur Verbesserung des Sortierprozesses am Ende des Lebenszyklus zur Verfügung.
Zudem spielen die ökologische Gestaltung von Verpackungen und hier besonders das recyclingfähige Design längst eine deutlich größere Rolle als noch vor einigen Jahren. Die Industrie hat erkannt, dass die Zukunft ihrer Produkte davon abhängt, wie stark sie deren Lebensende schon am Anfang mitdenkt.
Kunststoffrecycling weiterdenken
Das mechanische Recycling – bei dem das Material zerkleinert, eingeschmolzen und neu geformt wird – ist bereits gut entwickelt. Es wird allerdings noch nicht konsequent genug angewendet. Zudem lassen sich manche Kunststoffe nach einer mechanischen Verwertung nicht mehr uneingeschränkt für den ursprünglichen Zweck einsetzen, da sich die Molekülketten bei jedem Recyclingkreislauf verkürzen.
Ein weiterer Aspekt: Mechanisches Recycling ist nicht immer möglich, wie beispielsweise bei gemischten Kunststoffabfällen.
In vielen Fällen bietet sich ein anderer Weg an, um altes Material wieder in seine chemischen Bestandteile umzuwandeln und daraus neue Rohstoffe zu gewinnen. Die Kunststoffindustrie forscht in verschiedenen Projekten an neuen Technologien für dieses chemische Recycling von Kunststoffabfällen und weitet das etablierte mechanische Kunststoffrecycling zur Gewinnung von Sekundärrohstoffen aus.
Bis diese Technologien allerdings einsatzbereit sind, sind neben gesetzlichen Regelungen vor allem Förderungen extrem wichtig. „Das chemische Recycling könnte in Zukunft eine Lücke in der Kreislaufwirtschaft auch von Kunststoffverpackungen schließen. Nämlich dann, wenn es damit gelingt, stark verschmutzte und vermischte Kunststoffabfälle zu recyceln, die bislang nur energetisch verwertet werden konnten. Das erfordert allerdings noch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit“, so Dr. Isabell Schmidt.
Gleichzeitig spielen bei der Stärkung des Kunststoffrecycling auch neue Technologien bei der mechanischen Verwertung eine wichtige Rolle. Die Industrie arbeitet intensiv daran, bisher nicht recyclingfähige Verpackungen durch Innovationen immer mehr einer werkstofflichen Wiederverwertung zuzuführen oder dieselbe Schutzfunktion mit anderen Kunststofflösungen, zum Beispiel Monomaterial statt Verbund, zu erreichen.
Wie wirtschaftlich sind Recyclingmaterialien?
Neben Innovationen sowie der Verfügbarkeit und Qualität steht die Frage nach der Wirtschaftlichkeit von Recyclingmaterialien zunehmen im Fokus. Denn nur, wenn das Recycling von Kunststoffen ökonomisch attraktiv ist, wird es in der Praxis auch umgesetzt. Daher müssen die regulatorischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass der Einsatz von Rezyklaten möglich wird.
Die Kunststoffbranche treibt das Umdenken hin zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Ressourcen so lange wie möglich weiter genutzt werden, auf vielfältige Weise voran – und erhöht so auch die Wirtschaftlichkeit. So stellt die Firma Seufert aus dem Kreis Offenbach beispielsweise Folien aus 100% wiederverwertetem #Kunststoff-Abfall her: Eco-R-PET.
Kreislauftauglich? – das ist für Bischof + Klein eine Kernfrage bei der Entwicklung flexibler Verpackungen aus Kunststoff. In den vergangenen zwei Jahren hat der Folien- und Verpackungsspezialist mit Stammsitz in Lengerich jeweils mit einer kreislauffähigen Verpackung den Deutschen Verpackungspreis gewonnen.
Die Unternehmensgruppe Uzin Utz, weltweit agierender Komplettanbieter für Bodensysteme, stärkt im Schulterschluss mit der Jokey Group, einem der führenden Hersteller von Kunststoffverpackungen, die Kreislaufwirtschaft durch ihren Beitrag zur nachhaltigen Verpackung. Jokey beliefert das im Donautal sitzende Unternehmen bereits seit über 20 Jahren. In dieser Zeit hat sich der Anteil von Altkunststoffen in den gelieferten Gebinden auf beinahe 100 % erhöht.
Auch bei Elektro- und Elektronikprodukten oder in der Autoindustrie ist Kreislaufwirtschaft mit Kunststoff im Kommen: Wasserflaschen, die in Blends für Laptops, Drucker oder Ladestationen umgewandelt werden, Gehäuseteile von Handbohrern komplett aus Kunststoff-Rezyklat, Closed-Loop-Technologien für Stoßfänger und Instrumententafeln im Automobil. All das gelingt nur mit dem Know-how der kunststofferzeugenden Industrie.
So wird die Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft mit dem Ziel, Kohlenstoffkreisläufe weitestgehend zu schließen, in den kommenden Jahren sicherlich erhebliche zusätzliche Investitionen und Innovationen der Wirtschaft weltweit mobilisieren.