Das Ziel der Klimaneutralität erfordert bis zum Jahr 2045 den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Kunststoffe müssen daher zukünftig aus erneuerbaren Rohstoffquellen hergestellt werden.
An vorderster Stelle der Rohstoffwende steht der energieeffiziente Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Die IK hat sich diesbezüglich ehrgeizige eigene Ziele gesetzt. Kreislaufwirtschaft, Klima- und Ressourcenschutz zahlen auf die Nachhaltigkeitsziele der UN SDG 9 „Industrie, Innovation und Infrastruktur“, SDG 12 „nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster“ und SDG 13„Maßnahmen zum Klimaschutz“ ein.
Die Politik hat bereits klare Ziele zur Kreislaufwirtschaft formuliert. In der Kunststoffstrategie von 2018 hat die EU-Kommission die Industrie aufgefordert, bis 2025 europaweit 10 Millionen Tonnen Rezyklate in der Herstellung neuer Kunststoffprodukte einzusetzen, was etwa 20 Prozent des Rohstoffbedarfs entspricht. Im neuen Aktionsplan der EU-Kommission für die Kreislaufwirtschaft von März 2020 wurden zudem gesetzlich verpflichtende Rezyklateinsatzquoten sowie Maßnahmen zur Reduktion von Überverpackung und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft angekündigt. So sollen bis 2030 alle Verpackungen in Europa wiederverwendbar oder recyclingfähig sein.
Im Jahr 2022 wird der Entwurf einer stark revidierten EU-Verpackungsrichtlinie (94/62/ EG) erwartet, die diese Ziele umsetzen soll. Die IK hat sich im Berichtszeitraum mehrmals aktiv an den vorbereitenden Konsultationsprozessen beteiligt, zuletzt mit einer ausführlichen Stellungnahme zu Maßnahmenvorschlägen, die im Juni 2021 präsentiert wurden.
UN: Nachhaltige Industrien bis 2030
Unter SDG 9 hat die UN zum Ziel erklärt, dass alle Länder Maßnahmen ergreifen sollen, bis 2030 Industrien nachzurüsten, um sie nachhaltig zu machen, mit effizienterem Ressourceneinsatz und unter vermehrter Nutzung sauberer und umweltverträglicher Technologien und Industrieprozesse.
SDG 12 umfasst die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie eine deutliche Verringerung des Abfallaufkommen durch Vermeidung, Verminderung, Wiederverwertung und Wiederverwendung bis zum Jahr 2030.
Die IK hebt insbesondere die hohen Risiken von produktbezogenen Rezyklateinsatzquoten hervor und hat bereits frühzeitig auf alternative Instrumente wie rohstoffbezogene Substitutionsquoten zur Förderung des Rezyklateinsatzes hingewiesen.
In Deutschland wurden durch die Einführung des Verpackungsgesetzes im Jahr 2019 die Recyclingvorgaben für Kunststoffverpackungen im Gelben Sack auf 63 Prozent bis zum Jahr 2022 stark erhöht (Stand 2020: 60,6%). Zudem wurden über §21 erstmalig finanzielle Anreize für eine recyclingfähige Gestaltung von Verpackungen sowie den Einsatz von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen aufgestellt. Die neue Bundesregierung wird das Verpackungsgesetz einer Revision unterziehen, um die Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln.
IK-Ziele 2025 für die Kreislaufwirtschaft
Kreislaufwirtschaft ist eine geteilte Verantwortung. Vom Hersteller und Inverkehrbringer der Verpackung über den Verbraucher und Abfallsammler bis zum Sortierer und Recycler – alle müssen dafür Sorge tragen, dass gebrauchte Kunststoffverpackungen möglichst verlustfrei und ohne Qualitäts- einbußen im Wirtschaftskreislauf gehalten werden.
Die Mitglieder der IK haben sich im Jahr 2018 ehrgeizige eigene Ziele zur Kreislaufwirtschaft gesetzt: Bis zum Jahr 2025 sollen
- 90 Prozent der Haushaltsverpackungen am Markt recycling- oder mehrwegfähig sein (2016: 75 Prozent),
- 1 Million Tonnen Rezyklate oder erneuerbare Rohstoffe in der Produktion neuer Verpackungen eingesetzt werden (2017: 399 kt).
Bei beiden Zielen konnten im Berichtszeitraum deutliche Fortschritte erzielt werden.
Ziel 90 Prozent recycling- und mehrwegfähige Verpackungen
Der Anteil recycling- oder mehrwegfähiger Haushaltsverpackungen am deutschen Markt ist von ca. 75 Prozent (2016) auf 81 Prozent (2020) stark gestiegen (GVM 2021). Während die PET-Getränkeflaschen im Pfandsystem bereits 2016 vollständig recycling- oder mehrwegfähig waren, hat sich vor allem im Bereich der beteiligungspflichtigen Verpackun- gen im Gelben Sack viel verbessert. Hier stieg die Recyclingfähigkeit von ehemals 67 auf nunmehr 74 Prozent.
Was recyclingfähig ist, bestimmt in Deutschland seit 2019 der von der Zentralen Stelle Verpackungsregister und dem Umweltbun- desamt herausgegebene Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit. Um als recyclingfähig zu gelten muss eine Verpackung drei Voraussetzungen erfüllen:
- Es muss einen Verwertungspfad für sie geben, das heißt, es müssen passende Anlagen für das Recycling existieren; 2. die Materialart der Verpackung muss in den Sortierzentren sensorgestützt erkannt werden und
- die Verpackung darf keine Störstoffe enthalten, die das Recycling behindern.
Positive Entwicklungen waren in den letzten Jahren beispielsweise im Bereich von Mehrschichtfolien zu verzeichnen. Hier konnten in vielen Fällen nicht-recyclingfähige durch recyclingfähige Strukturen ersetzt werden. Ein weiterer Trend besteht beim Ersatz von rußbasierten Pigmenten. Diese behindern die automatische Sortierung nach Materialart, wodurch Verpackungen, die eigentlich gut recycelt werden könnten, nicht im für
sie vorgesehenen Stoffstrom landen. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die verändert werden müssen, um die Recyclingfähigkeit einer Verpackung zu verbessern, wie z. B. der Austausch des Etiketts. Hier hat der Markt in den letzten Jahren merklich dazu gelernt und viele Umstellungen im Sinne des Design-for- Recycling vorgenommen.
Herausforderungen bleiben gegenwärtig z. B. im Bereich der PET-Schalenverpackungen sowie der EPS-Verpackungen im Gelben Sack bestehen. Hier sind unter dem Dach der IK Kooperationen entstanden, um das Recycling dieser Verpackungen zu ermöglichen.
Ein wachsendes Markthemmnis für recyclingfähige Kunststoffverpackungen stellt die Konkurrenz zu papierbasierten Verbund- verpackungen dar, die trotz schlechter Recyclingfähigkeit mit der Werbung „weniger Plastik“ gut vermarktbar sind. Einer von IK 2021 beauftragten Studie zufolge, könnten Papierverbunde bis 2025 bis zu 400 kt Kunststoffverpackungen ersetzen. Als wahrschein- lich gelten ca. 61 kt (GVM 2021). Die IK setzt sich zur Förderung der Recyclingfähigkeit für effektive finanzielle Anreize, eine EU-weit einheitliche Bemessung der Recyclingfähig- keit sowie Verbraucheraufklärung ein.
Mehrwegverpackungen stellen in vielen Bereichen sowohl wirtschaftliche als auch ökologisch sinnvolle Verpackungslösungen dar. Besonders im Bereich der Industrie- und Getränkeverpackungen sind Mehrweglösungen weit verbreitet. Insgesamt liegt der Anteil an Mehrwegverpackungen bei etwa 7 Prozent (228 kt; Umweltbundesamt 2021). Aufgrund ihrer mehrfachen Verwendung ist der Anteil in Mehrweg verpackter Waren jedoch um ein Vielfaches höher. Das Potenzial für ökologisch sinnvolle Mehrwegsysteme sollte vor allem in den Bereichen Versand- und Serviceverpackungen (z.B. „Coffee to go“) stärker ausgelotet werden.
Mehrwegverpackungen sind aber nicht immer ökologisch vorteilhafter als Einwegverpackungen, die recycelt werden. Ob Recyling- oder Mehrwegkreislauf – bei der ökologischen Bewertung kommt es vor allem auf den Ressourcen- und Klimaschutz an. Eine CO2-Bilanz erlaubt den fairen Vergleich und die ökologische Optimierung beider Systeme.
Der Rezyklateinsatz in der Produktion von Kunststoffverpackungen erreichte im Jahr 2019 474.000 Tonnen, ein Plus von 18 Prozent gegenüber dem Jahr 2017 (Conversio 2020). Die Steigerung fand dabei ausschließlich im Bereich der Post-Consumer-Rezyklate (PCR) statt. Der starke Anstieg an PCR-Rezyklaten ist umso bemerkenswerter als der Verbrauch von Kunststoffneuware im gleichen Zeitraum leicht rückläufig war. Diese Entkopplung verdeutlicht das stark gestiegene Marktinteresse an Verpackungen mit Rezyklaten.
Die Verpackungshersteller benötigen zur Erreichung ihres selbst gesteckten Ziels noch ca. 530.000 Tonnen PCR-Material in geeigneten Qualitäten. Das stellt etwa eine Verdreifachung des derzeitigen PCR-Einsatzes dar. Die Verfügbarkeit großer Rezyklatmengen in konstanten Qualitäten stellt derzeit eines der größten Hemmnisse für die Kunststoff verarbeitende Industrie dar und setzt eine große Kraftanstrengung auf allen Stufen des Wertschöpfungskreislaufs voraus.
Im Jahr 2020 ließ die BKV auf Initiative der IK das technische Potenzial des Rezyklateinsatzes in Kunststoffverpackungen eingehender untersuchen. Das Ergebnis: Gemessen an den heutigen PCR-Qualitäten könnten insgesamt etwa 22 Prozent (960 kt) des Rohstoffbedarfs in der Produktion von Kunststoffverpackungen (4.378 kt) durch Rezyklate ersetzt werden, wenn moderate Einschränkungen hinsichtlich der ästhetischen Eigenschaften der Verpackungen und der Materialeffizienz in Kauf genommen werden.1 Das Potenzial des Rezyklateinsatzes schwankt dabei stark: von null Prozent, z.B. bei einem Großteil der Lebensmittelverpackungen, die etwa 44 Prozent der Marktmenge ausmachen, bis zu 80 Prozent und mehr bei z. B. einigen Gebinden für Bauchemieprodukte, Pflanztöpfen und vielen Transportverpackungen. Knapp die Hälfte des Rohstoffverbrauchs kann derzeit nicht durch Rezyklate ersetzt werden, da ansonsten rechtliche oder technische Mindestanforderungen nicht mehr erfüllbar wären.
Durch die Steigerung der Rezyklatqualitäten und die Überwindung rechtlicher Hemmnisse kann das Einsatzpotenzial von Rezyklaten in Kunststoffverpackungen erhöht werden. Dank des Engagements der IK ist es bereits gelungen, die UN-Empfehlungen für den Transport gefährlicher Güter dahingehend zu überarbeiten, dass sie den Einsatz von Rezyklaten in IBCs erlauben. Ab 2023 wird dies in die Europäischen Gefahrgutregelungen übernommen werden.
Gesetzliche Rezyklateinsatzquoten in Verpackungen sieht die IK kritisch. Für die Kunststoffverarbeiter bergen sie das Risiko von unverschuldeten Qualitätsproblemen bis hin zu Vermarktungsverboten, wenn nicht sichergestellt werden kann, dass Rezyklate in den benötigten Mengen und Qualitäten zur Verfügung stehen. Die IK hat deswegen schon frühzeitig zusammen mit der AGVU alternative Instrumente zur Steigerung des Rezyklateinsatzes in die politische Diskussion eingebracht (IK/AGVU 2020). Neben finanziellen Anreizen stellen auch Substitutionsquoten für Kunststoffneuware bei den Rohstofferzeugern eine Alternative dar. Diese sorgen für eine Verknappung fossil basierter Kunststoffneuware am Markt und begünstigen die Marktentwicklung von Rezyklaten, ohne dass der Staat den Rezyklateinsatz in einzelnen Produkten kleinteilig regeln und überwachen muss.
Der Anteil nachwachsender Rohstoffe im Verpackungsmarkt ist mit unter einem Prozent noch auf sehr geringem Niveau, wenn- gleich stark wachsend (Conversio 2020). Der biogene Kohlenstoffkreislauf stellt aber langfristig zur Erreichung von Klimaneutralität eine wichtige Komplettierung des Mehrweg- und Recyclingkreislaufs dar.
Neben den oben dargestellten Tätigkeiten unterstützte die IK im Berichtszeitraum Studien des Umweltbundesamts zur Steigerung des Rezyklateinsatzes und zur Weiterentwicklung der finanziellen Anreizsetzung von §21 VerpackG und brachte ihre Marktkenntnis im Rahmen des Expertenkreis III der Zentralen Stelle zur Weiterentwicklung des Mindeststandards ein. Sie wirkte 2021 zudem aktiv in der Länderarbeitsgruppe „Rezyklateinsatz tärken“ (RESAG) mit und unterstützte die Entwicklung der DIN Spec 91446 zur Klassifizierung von Kunststoffrezyklaten. Die IK ist bereits seit 2019 Unterzeicher der Circular Plastics Alliance (CPA) und dort in den Arbeitsgruppen zu Verpackung, Landwirtschaft und Monitoring aktiv.
Für Mitglieder bot die IK zwei Seminare zur Bemessung der Recyclingfähigkeit an und führte die webbasierte Info-Reihe Kreislaufwirtschaft ein, von der inzwischen sieben Folgen stattgefunden haben. 2021 folgte ein Webinar zum Klimamanagement. Weitere Arbeit zu einzelnen Verpackungssegmenten findet in den Fachgruppen statt.
Public-Private Partnership zur Förderung der Kreislaufwirtschaft
- Circular Plastics Alliance (CPA)
- Arbeitsgruppe „Rezyklateinsatz stärken“ (RESAG) im Auftrag der Umweltministerkonferenz
Positions- und Diskussionspapiere der IK
- AGVU/IK: Gesetzliche Mindestquoten für Rezyklate in Kunststoffverpackungen? Diskussionspapier zur aktuellen Debatte (Juni 2021)
- „Kunststoffe für Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz“ – Positionspapier der Kunststoffindustrie (Oktober 2021)
Der Bericht kann als Printversion bestellt werden unter: www.kunststoffverpackungen.de
Bildquelle: Photo 1.Absatz Westend61/Getty