Die am 13. September 2024 veröffentlichte zweite Einstufung des Umweltbundesamtes (UBA) im Rahmen des Einweg-Kunststoff-Fonds-Gesetzes (EWKFondsG) stößt auf scharfe Kritik der Wirtschaft. Nach Meinung des UBA sollen Fruchtjoghurtbecher, die unbefüllt und ohne Deckel als industrielles Vorprodukt an Joghurthersteller geliefert werden, mit einer Sonderabgabe in Höhe von 177 Euro pro Tonne belegt werden. Die Einwegkunststoffkommission, die das UBA bei der Einstufung berät, hatte sich zuvor einstimmig gegen eine Anwendung des Gesetzes auf solche Vorprodukte ausgesprochen.
„Erneut hat das UBA die Empfehlungen der Experten aus Wirtschaft, kommunalen Spitzenverbänden und Umweltverbänden in den Wind geschlagen“, erklärt Karin Monke vom Milchindustrie-Verband e. V. „Wie schon beim Ayranbecher ist auch diese Entscheidung in mehrfacher Hinsicht problematisch und führt letztendlich nur zu Mehrkosten für die Verbraucher an der Ladenkasse. Eine Verbesserung des Umweltschutzes ist dagegen nicht einmal im Ansatz erkennbar“, so Monke.
„Offenbar wächst die Nervosität im UBA, dass die geplanten Einnahmen in Höhe von über 400 Millionen Euro weit verfehlt werden, weil sich bisher erheblich weniger Unternehmen registriert haben, als erwartet. Vermutlich wird deshalb versucht, den Anwendungsbereich des Gesetzes über dessen klaren Wortlaut hinaus auszudehnen“, erläutert Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen.
Das UBA rechnet mit über 55.000 registrierungspflichtigen Unternehmen, darunter viele Metzgereien, Bäckereien, Cafés etc. Bisher haben sich allerding lediglich 441 Unternehmen registriert. Darunter sind auch viele Registrierungen für Produkte, die gar nicht unter das Gesetz fallen.
„Das Gesetz erfasst nur solche Einweg-Behälter für Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, unmittelbar nach dem Kauf verzehrt zu werden. Das heißt, das Lebensmittel muss für den Sofortverzehr konzipiert oder vorgesehen sein, wie bei Bratwurst, Pommes oder Coffee-to-go. Beim Fruchtjoghurt ist das anders“, so Engelmann und Monke ergänzt „Joghurt wird üblicherweise in einem zeitlichen Abstand zum Erwerb konsumiert. Denn Joghurt ist in der Regel mehrere Wochen gekühlt haltbar“. Außerdem werde Joghurt in der Regel zunächst nach Hause, zur Arbeitsstätte oder an andere Plätze gebracht, wo eine ordnungsgemäße Entsorgung der Verpackung – anders als beim Konsum außer Haus – gewährleistet sei.
„Dadurch, dass das UBA den Anwendungsbereich des Gesetzes – gegen den klaren Wortlaut – auf sämtliche Lebensmittel ausweiten will, die für den unmittelbaren Verzehr geeignet sind, würden sämtliche verzehrfertigen Lebensmittel im Supermarkt, wie Butter, Mozzarella, Feinkostsalate, Fleisch- und Wurstwaren etc., künftig sonderabgabenpflichtig und damit unnötig teurer“, kritisiert Engelmann. Für sämtliche solcher Verpackungen zahlen die Hersteller bereits eine Lizenzgebühr für die Sammlung und Verwertung.
Zudem bestehen erhebliche Zweifel daran, ob unbefüllte industrielle Vorprodukte, wie leere Becher ohne Deckel, überhaupt in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, weil bei diesen ausgeschlossen ist, dass sie als Müll in der Umwelt landen.
Das Bundesverfassungsgericht berät derzeit über Verfassungsbeschwerden gegen das EWKFondsG. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob die finanzverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer staatlichen Sonderabgabe vorliegen. Die Wirtschaft hatten sich sehr früh für eine privatwirtschaftliche Umsetzung der EU-Vorgaben eingesetzt.
Ansprechpartner:
Karin Monke: monke@milchindustrie.de
Dr. Martin Engelmann: m.engelmann@kunststoffverpackungen.de