Kunststofferzeuger im Kontext der Coronakrise
„Derzeit sieht sich PlasticsEurope Deutschland im Kontext der Coronakrise mit einer neuen Aufgabe konfrontiert: Es gehen vermehrt Anfragen nach Kunststoffmaterialien bei uns ein, z.B. Folien für Schutzausrüstungen, Vliesstoffe für Schutzmasken, Behälter und Dosierspender für Desinfektionsmittel.
Dank der guten Vernetzung der Kunststoffbranche in Deutschland können wir gemeinsam mit den Verarbeiterverbänden, dem Kunststoffmaschinenbau und dem Chemieverband VCI pragmatisch nach Ansprechpartnern, Lösungen und Hinweisen suchen und Kontakte vermitteln. Damit bieten wir schnelle und pragmatische Unterstützung an, die in diesen schwierigen Zeiten ein Zeichen der Solidarität und Zusammenarbeit darstellt“, beschreibt Dr. Rüdiger Baunemann, Hauptgeschäftsführer PlasticsEurope Deutschland, die aktuellen Herausforderungen der Situation.
3D-Druck gegen Corona
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit von Evonik, EOS, 3D Systems, HP Inc. und voxeljet (Evonik ist ein Mitgliedsunternehmen beim Verband der Kunststofferzeuger).
Um das globale Gesundheitswesen im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie zu unterstützen, bieten die Unternehmen nicht nur ihr Know-how im Bereich der additiven Fertigung an, sondern auch ihr Netzwerk und ihren gesamten Full-Service. Evonik spendet dem genannten Partnernetzwerk darüber hinaus für dringend benötigte medizinische Anwendungen das für pulverbasierte 3D-Druck-Technologien entwickelte Polyamid 12-Pulvermaterial.
VCI „Initiative Desinfektionsmittel“ für Notfallversorgung der deutschen Krankenhäuser
Auch der der Verband der Chemischen Industrie (VCI) und der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) haben sich zusammengeschlossen und arbeiten seit mittlerweile drei Wochen daran, die Verfügbarkeit von geeigneten Desinfektionsmitteln zu sichern. Von verschiedenen Mitgliedsunternehmen des VCI werden in einem ersten Schritt 700 Tonnen Ethanol und 35.000 Liter Wasserstoffperoxid sowie über 12.000 Liter Glyzerin als Komponenten für Händedesinfektionsmittel zur Verfügung gestellt. In Absprache mit dem ADKA beauftragen die Chemieunternehmen oder organisieren eigenständig die Auslieferung der Chemikalien an über 370 Apotheken in Deutschland, die Krankenhäusern angegliedert sind. Von den Zielapotheken werden die Desinfektionsmittel endkonfektioniert und den Krankenhäusern zur Verfügung gestellt. Mit der vom Bundesgesundheitsministerium massiv unterstützten Aktion wollen VCI und ADKA den bisherigen Engpass entschärfen, wo die Notlage am dringlichsten eine Lösung erfordert.
Darauf ließ sich jetzt aufbauen. „Viele unserer Mitgliedsunternehmen stehen bereit und tragen aktiv zur Notfallversorgung bei. Teilweise werden Desinfektionsmittel und Rohstoffe sogar kostenlos an Krankenhäuser abgegeben“, betont VCI-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Große Entrup. „Dieser erste Erfolg ist das Ergebnis einer hervorragenden Kooperation aller Beteiligten.“ In einer zweiten und dritten Welle werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere erhebliche Mengen benötigt, so der VCI.
Mittlerweile hat die Initiative eine Erweiterung erfahren: Über einen digitalen Marktplatz im Internet soll vor allem die Hilfe für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen bundesweit effizient koordiniert werden. Bereits in den kommenden Tagen wird die Plattform „Notversorgung Desinfektionsmittel“ schrittweise für klar definierte Zielgruppen freigeschaltet.
Vinnolit unterstützt Kliniken und Pflegeeinrichtungen mit 1.500 Atemschutzmasken
Auch an der Produktion eines weiteren wichtigen Bausteins im Kampf gegen Corona sind Unternehmen aus der Kunststoffbranche beteiligt und engagieren sich dementsprechend. Die Firma Vinnolit, die 1.000 FFP2-Masken an das Corona-Zentrum Klinik Mühldorf und weitere insgesamt 500 FFP2-Atemschutzmasken an umliegende Pflegeeinrichtungen und Seniorenzentren spendet, soll hier nur beispielhaft aufgeführt sein.
„Es ist uns wichtig, dass sich insbesondere diejenigen, die aktiv Hilfe leisten auch selber schützen können.“, wird Geschäftsführer Dr. Karl-Martin Schellerer in der Vinnolit-Pressemeldung zitiert. Vinnolit produziert PVC-Spezialitäten und Suspensions-PVC, die für die Herstellung von Artikeln der Intensivmedizin, wie Blutbeutel, Schlauchsysteme, Sauerstoffmasken, Katheter, Infusions-Sets oder Tabletten-Blisterverpackungen sowie im Baubereich und im Automobilsektor benötigt werden.
Troisdorfer Unternehmen spendet Vlies für Schutzmasken
Mit viel Weitsicht hat der Troisdorfer Maschinenbauer Reifenhäuser seine Versuchsanlage bereits vor Wochen für die Vliesproduktion von Schutzmasken vorbereitet und umgestellt. Im sehr lesenswerten Interview mit dem General-Anzeiger berichtet CEO Bernd Reifenhäuser, dass die Nachfrage nach dem Material riesig ist, da in China etwa 90 Prozent der Masken hergestellt werden und der Export dieser Produkte stark eingeschränkt wurde.
Reifenhäuser hat mit der Stadt Troisdorf die Vereinbarung getroffen, das für die Maskenproduktion verwendete Vlies zu spenden. Die Verteilung an Bürger, die ehrenamtlich für das Gesundheitswesen nähen, übernimmt die Stadt.
Damit die Masken auch wirklich in den Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeheimen ankommen, verkauft das Unternehmen den Rest seiner Produktion ausschließlich an öffentliche oder karitative Initiativen.
Reifenhäusers Fazit am Ende des Interviews: “Kunststoffe sind vor der Krise aus Umweltgründen stark kritisiert worden. Es ist richtig, dass etwa auf Recycling weltweit mehr geachtet werden muss. Gleichzeitig sehen wir jetzt auch die Schutzwirkung von Plastikverpackung etwa bei Lebensmitteln. Auch für die Versorgungssicherheit ist Kunststoff derzeit wichtig.”