Koalitionsvertrag SPD Gruene FDP Mehr Fortschritt WagenHeute wurden Olaf Scholz und seine Minister:innen im Deutschen Bundestag vereidigt. Welchen Weg wird die neue Bundesregierung in Sachen Kreislaufwirtschaft einschlagen? Welche Vorschläge liegen auf dem Tisch und welche haben Aussicht darauf, auch verwirklicht zu werden? Erste Absichtserklärungen finden sich im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und der FDP. Doch was sind die Positionen und Unterschiede der drei Parteien zu Kunststoffen?

Die Unterschiede beginnen bereits bei der grundsätzlichen Einstellung der Parteien.

Während die SPD ankündigt, die „zunehmende Plastikflut“ zurückdrängen und „unnötiges Plastik“ abschaffen zu wollen, bekennt sich die FDP klar zum Kunststoff als dem „Werkstoff der Zukunft“, der durch sein geringes Gewicht CO2 einspart. Sie fordert sich bei der ökologischen Bewertung konsequent an Ökobilanzen zu orientieren und lehnt eine Plastikabgabe klar ab.

Das klingt bei den Grünen weniger klar, denn sie wollen das bisherige „Lizenzgeld für Plastikverwertung“ zu einer „Ressourcenabgabe“ weiterentwickeln. Eine versteckte Plastikabgabe?

Auf jeden Fall steht die Abschaffung des Lizenzgeldes bei den Grünen in Verbindung mit dem Vorhaben, eine Wertstofftonne unter kommunaler Ausgestaltung einzuführen, was der Abschaffung des Dualen Systems in der Abfallentsorgung entspricht.

Dr. Isabell Schmidt – Geschäftsführerin

Dr. Isabell Schmidt, IK-Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft

Das gemeinsame Positionspapier der Kunststoffindustrie macht deutlich, dass wir zur Erreichung von Klimaneutralität nicht nur die Energiewende, sondern auch eine Rohstoffwende brauchen, in der Erdöl und Co. sukzessive durch Recycling-Kunststoffe und andere erneuerbare Kohlenstoffquellen abgelöst werden.

Dazu braucht es mehr denn je den Schulterschluss aller Verbände und Akteure, denn der Wandel beinhaltet große Herausforderungen für alle Wertschöpfungsstufen. Das vorliegende Papier setzt hierfür ein starkes Signal.

 

In diesem Vorhaben könnten sie von der SPD Rückenwind erhalten, die FDP wird sich ihm aber erwartungsgemäß entgegen stellen.

Beitragsbild KreislaufwirtschaftZur Schließung der Stoffkreisläufe wollen die Grünen allen „ökologisch vorteilhaften Mehrwegprodukten“ Vorrang einräumen sowie die Müllvermeidung und das hochwertige Recycling fördern.

Dabei werden sie zum Teil konkreter: Einwegbecher sollen durch To-go-Mehrwegbecher ersetzt und Mehrweg bei Transport, Online-Handel, Einkauf und Lebensmittelverpackungen gefördert werden. Indem die Grünen die ökologische Vorteilhaftigkeit zur Kondition machen, könnten sie sich mit der FDP einigen, die Ökobilanzen und wissenschaftliche Bewertungen zur Grundlage von Regulierungen machen will.

Kategorisch ist dagegen die Position der SPD: Sie fordert das Verbot „umweltschädlicher Einwegprodukte“ aus Kunststoff sowie die Ausdehnung von Produkt- oder Stoffverboten. Nur dort, wo „Einweg-Kunststoff nicht vermeidbar“ sei, fordert sie recycelbare Lösungen.

Mit den Vorschlägen der IK für die neue Legislaturperiode werden wir noch konkreter: Welche Impulse braucht es jetzt von der neuen Bundesregierung, damit die Wende im Verpackungsmarkt gelingt und die Symbolpolitik der Plastikvermeidung durch eine konsequente Ausrichtung an den Zielen des Klimaschutzes und der Kreislaufwirtschaft abgelöst wird? Dass wir die Transformation nicht nur mit Worten, sondern auch durch Taten unterstützen, zeigen unsere IK-eigenen Ziele zur Steigerung der Recyclingfähigkeit und des Rezyklateinsatzes. So entsteht eine echte Chance für nachhaltiges Wachstum unserer Industrie, denn wir sind überzeugt: Nur mit Kunststoffen meistern wir unsere gesellschaftlichen Herausforderungen.

Dr. Martin Engelmann, IK-Hauptgeschäftsführer

Auch will die SPD die Einführung einer Mindestquote für den Rezyklateinsatz, erwägt aber auch weitere Maßnahmen wie finanzielle Anreize und die Weiterentwicklung der Lizenzentgelte.

IK Forum PET Mythos BeitragsbildBei den beiden Verhandlungspartnern FDP und Grüne gibt es zu Rezyklatquoten keine explizite Position im Wahlprogramm. Dafür treten die Grünen für ein unkompliziertes und EU-weites Pfandsystem ein, während die FDP eine Bresche für die Anerkennung des chemischen Recyclings als „gleichwertige“ Möglichkeit des Verpackungsrecyclings schlägt.

Eine weitere Aufgabe der neuen Bundesregierung, die jedoch keinen Eingang in die Wahlprogramme gefunden hat, stellt die Ausgestaltung eines so genannten „Littering-Fonds“, einer Vorgabe des EU-Rechts für bestimmte Einwegkunststoffprodukte, dar. Und jenseits der deutschen Diskussion wird es für die neue Bundesregierung auch darum gehen, die europäische Debatte über eine Revision der EU-Verpackungsrichtlinie mitzugestalten. Viel Gesprächsstoff also für lange Verhandlungsnächte.