„Wir machen die Stimme der Polyolefine in der Diskussion in der Brüsseler Blase hörbar“
Die „Polyolefin Circular Economy Platform“ – kurz PCEP – ist ein Forum für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen allen Teilen der Polyolefin-Wertschöpfungskette. Dazu zählen neben Markeninhabern, Einzelhändlern und Abfallentsorgern auch Recycler, Verarbeiter, sowie Hersteller und andere Beteiligte.
Im Kosmos der Kunststoff- und Recyclingindustrie gibt es bereits einige Initiativen und Verbände. Wodurch zeichnet sich die PCEP insbesondere aus?
Die PCEP ist der einzige Verband, der sich ausschließlich auf den Werkstoff Polyolefine konzentriert. Wir bringen die gesamte Kreislaufwertschöpfungskette zusammen und verfolgen das gemeinsame Ziel, den Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft für alle Polyolefine voranzutreiben.
Polyolefine sind das Material der Wahl in einer Vielzahl von Branchen und für eine riesige Bandbreite von Anwendungen, die von alltäglichen Gebrauchsgegenständen bis hin zu spezialisierten industriellen Anwendungen reichen. Sie stellen die mengenmäßig größte Gruppe der Kunststoffe, auf die die Hälfte der gesamten europäischen Kunststoffnachfrage und fast zwei Drittel aller gesammelten Altkunststoffe entfallen.
Polyolefine spielen eine besonders wichtige Rolle bei der Kreislaufführung von Kunststoffverpackungen, da dieses Material 70% des europäischen Marktes für Kunststoffverpackungen ausmacht.
Wenn unsere Industrie die Verantwortung für ihren eigenen Fußabdruck übernimmt und eine Kreislaufwirtschaft für Polyolefine schafft, machen wir uns damit auch zum Wegbereiter für die Transformation aller anderen Wirtschaftszweige.
Welches sind die größten Herausforderungen für die PCEP-Mitglieder?
Das Ausmaß und das Tempo des Wandels. Wir sind dabei, eine ganze Branche umzugestalten, um unter enormem Zeitdruck einen Systemwandel herbeizuführen. Darüber hinaus ist die Branche äußerst vielfältig und naturgemäß ausgesprochen wettbewerbsorientiert, während der Systemwandel einen transparenten Dialog und Zusammenarbeit erfordert.
Gleichzeitig ist klar, dass dieser Wandel enorme Chancen mit sich bringt. Polyolefine spielen eine wichtige Rolle in Bezug auf die Verwirklichung einer qualitätsvollen, sicheren und nachhaltigen Lebensführung.
Das negative Image von Kunststoffen aufgrund der inakzeptablen Umweltverschmutzung und der Tatsache, dass es sich um einen Werkstoff handelt, der weitgehend auf fossilen Brennstoffen basiert, ist eine sehr ernstzunehmende Bedrohung für die Zukunft der Branche. Gleichzeitig ist es aber auch der Katalysator, der die Branche antreibt, ihre eigene Nachhaltigkeit zu erreichen.
Jahr für Jahr gelangen nach wie vor riesige Mengen an Plastik in unsere Ozeane, und einigen Studien zufolge wurden fast 80% des in den letzten 70 Jahren produzierten Plastiks auf Mülldeponien oder in der Umwelt entsorgt.
Es überrascht daher nicht, dass sich unsere Branche mit einer Vielzahl von Anti-Plastik-Bündnissen und Umweltschutzorganisationen konfrontiert sieht, die auf uns Druck ausüben, unser gesamtes System zu reformieren.
Als Reaktion auf den öffentlichen Druck haben die Gesetzgeber weltweit bereits Maßnahmen ergriffen, die die Kunststoffindustrie erheblich verändern werden. In Europa haben wir uns verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein und die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% zu reduzieren.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist der wichtigste industrielle Lösungsansatz die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft, in der nichts verschwendet wird, nur ein Minimum an Ressourcen verbraucht wird und Werkstoffe einen möglichst langen Lebenszyklus haben.
Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Vielzahl von Richtlinien- und Gesetzesänderungen. Hierzu gehören, um nur einige zu nennen, beispielsweise die freiwillige Selbstverpflichtung zur Verwendung von 10 Millionen Tonnen recycelter Kunststoffe in europäischen Produkten bis 2025, das Verbot oder die Einschränkung vieler Einwegkunststoffe sowie eine deutlich höhere Recyclingquote für Kunststoffverpackungen in Verbindung mit einer strengeren Kontrolle dieser Recyclingquote und einer Abgabe der EU-Mitgliedstaaten für jede Tonne nicht recycelter Kunststoffverpackungen.
Die Rahmenbestimmungen für die europäische Verpackungsrichtlinie, die im Frühjahr 2022 in Kraft treten soll, sieht vor, dass bis 2030 alle auf dem Markt befindlichen Verpackungen wiederverwendbar oder recycelbar sein müssen.
Gleichzeitig werden darin Ziele für die Abfallvermeidung und die Wiederverwendung sowie ein obligatorischer Recyclinganteil für Kunststoffverpackungen festgelegt. Alle Abfallvorschriften werden überarbeitet, und das Regelwerk für recycelte Kunststoffe in Materialien mit Lebensmittelkontakt wird neu verfasst.
Uns erwartet also ein ganzes Bündel neuer EU-Rechtsvorschriften – und es stellt ganz gewiss eine große Herausforderung dar, mit all diesen Vorschriften nicht nur Schritt zu halten, sondern darüber hinaus sicherzustellen, dass die Polyolefin-Industrie ihnen voraus ist.
Dennoch nehmen die PCEP und ihre Mitglieder diese Herausforderung gerne an. Wir sehen hierin die Chance, ein Konzept zu gestalten, das die Kreislaufwirtschaft für Polyolefine voranbringt.
Welche Ziele haben sich die PCEP-Mitglieder gesetzt und wo steht die PCEP heute?
Bei der PCEP geht es vor allem um konkrete Maßnahmen und konkretes Handeln. Und um diesem Handeln eine gemeinsame Richtung zu geben, haben wir Anfang 2019 die folgenden Verpflichtungen übernommen:
- Erhöhung der in europäischen Produkten verwendeten Menge an recycelten Post-Consumer-Kunststoffen, die Polyolefine enthalten, auf 3 Mio. Tonnen pro Jahr bis 2025, was einer Steigerung von 1 Mio. Tonnen im Vergleich zu 2016 entspricht;
- Wiederverwendung oder Recycling von 60% der gesammelten Polyolefinverpackungen bis 2030;
- Recyclingfähigkeit von mehr als 75% der Polyolefinverpackungen bis 2030;
- Optimierung der Sammel- und Sortiersysteme; und
- Überprüfung unserer Zielsetzungen alle zwei Jahre.
Alle PCEP-Aktivitäten zielen darauf ab, diese Verpflichtungen zu erfüllen und das System – angefangen beim Design über die Sammlung und Sortierung am Ende des Lebenszyklus bis hin zur Entwicklung neuer Produkte als hochwertige Sekundärrohstoffe – zu verbessern.
Anfang 2020 waren wir auf dem besten Weg, diese Verpflichtungen zu erfüllen. Wir werden in Kürze eine neue Marktstudie durchführen, um den aktuellen Stand der Kreislaufführung von Polyolefinen in Europa zu ermitteln. Dies wird uns im Frühjahr nächsten Jahres in die Lage versetzen, unsere Verpflichtungen auf der Grundlage eines klaren Bildes davon zu überprüfen, wo wir nach den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie stehen.
Setzt die Politik die richtigen Rahmenbedingungen für die Transformation der Kunststoffindustrie in eine Kreislaufwirtschaft? Wie bewerten Sie zum Beispiel die EU-Kunststoffstrategie und ihr Einweg-Plastikverbot (SUPD)?
In vielerlei Hinsicht haben Politik und Richtlinien das gleiche Problem wie die Industrie. Das System basiert auf linearem Denken. Unsere Richtlinien werden für einen einzelnen Sektor oder eine einzelne Stufe der Wertschöpfungskette verfasst. Darüber hinaus müssen sie den aktuellen Stand der Dinge widerspiegeln und halten nur selten mit dem Tempo der Veränderungen Schritt. Dies ist eine echte Herausforderung, und oft behindern Richtlinien und sogar Industrienormen, die in guter Absicht erarbeitet wurden, die Kreislaufwirtschaft.
Die europäische Strategie für Kunststoffe war der erstmalige Versuch, den Kreislaufgedanken in einer Richtlinie zu verankern, indem sie sich auf den gesamten Lebenszyklus eines Werkstoffs konzentrierte.
Leider kann jede Politik, die sich ausschließlich auf Kunststoffe konzentriert, unbeabsichtigt dazu führen, dass sie die Substitution von Werkstoffen fördert, was oft kurzfristige Verschiebungen hin zu alternativen Materialien mit einer weniger guten Ökobilanz bedingt, wodurch die Aussicht auf einen notwendigen Systemwandel vertan wird.
Polyolefine sind ein hervorragender Werkstoff, der vielfältig einsetzbar ist und dabei ein besseres Umweltprofil aufweist als alternative Materialien. Doch all das ist nutzlos, wenn das Material in der Umwelt verloren geht oder am Ende der Lebensdauer nicht wiederverwertet wird.
Es liegt in unserer Verantwortung als Industrie, mit den Politikern zusammenzuarbeiten, um dieses Kreislaufwirtschaftssystem aufzubauen. Auf diese Weise können wir die Probleme angehen, die den politischen Entscheidungsträgern am Herzen liegen, nämlich Umweltverschmutzung, übermäßiger Verbrauch von natürlichen Ressourcen und Klimawandel.
Um uns bei der Umsetzung unserer Ziele zu unterstützen, müssen die politischen Entscheidungsträger die Vorteile verstehen, die Kunststoffe bei der Schaffung einer CO2-neutralen Kreislaufwirtschaft mit sich bringen, und Richtlinien erlassen, die sowohl eine klare Richtung vorgeben als auch langfristig angelegt sind, um Investitionsentscheidungen zu ermöglichen und gleichzeitig Innovationen zu begünstigen.
So benötigen wir beispielsweise Richtlinien, in denen klar festgelegt wird, dass jegliches Recycling – also alles, wodurch Abfälle zu Erzeugnissen, Materialien oder Stoffen aufbereitet wird – auf die Recyclingziele und den Recyclinganteil angerechnet wird.
Und hierzu gehört auch die Klarheit, dass alle Abfallströme gemeint sind. Die Größenordnung des europäischen Binnenmarktes ist die Voraussetzung dafür, dass Polyolefinströme in solchen Mengen gesammelt, sortiert und zu Standorten transportiert werden können, die das Recycling wirtschaftlich rentabel machen.
Was würden Sie sich von den politischen Entscheidungsträgern noch wünschen?
Es gibt viele Punkte, bei denen die politischen Entscheidungsträger den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Polyolefine effektiv unterstützen können.
Da wäre zum Beispiel die Ausrichtung der Entscheidungen, die die nationalen Regierungen zur wirtschaftlichen Erholung nach der COVID-19-Pandemie treffen. Die Coronavirus-Krise ist zwar eine globale menschliche Tragödie und eine wirtschaftliche Katastrophe, kann und sollte aber auch als Chance genutzt werden, um die gesamte Wertschöpfungskette als Kreislaufwirtschaft neu aufzubauen.
Die PCEP setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass die von den EU-Staaten im Rahmen des 1,8 Billionen Euro schweren europäischen Konjunkturpakets getroffenen Investitionsentscheidungen sich auf die Umsetzung von Maßnahmen vor Ort konzentrieren sollten.
Heute wird nur etwa ein Drittel der gesammelten Post-Consumer-Polyolefine recycelt, wobei der Großteil für die energetische Verwertung verloren geht, und die installierte Infrastruktur spiegelt dies wider.
Wenn wir den Materialkreislauf schließen wollen, brauchen wir erhebliche Investitionen in ein effizientes und leistungsstarkes gesamteuropäisches System. Wir müssen die Recyclingkapazitäten verdreifachen und eine Sammel- und Sortierinfrastruktur für diejenigen Abfallströme schaffen, in denen wir heute keine Polyolefine erfassen.
Das gleiche gilt auch für die Ströme, in denen wir in Zukunft mehr Stoffe erfassen werden, wie z. B. im Baugewerbe.
Was bedeutet das konkret?
Wir brauchen dringend einen EU-Rahmen, der die Verwendung von recycelten Polyolefinen in lebensmittelechten Materialien ermöglicht. Die PCEP setzt sich aktiv für eine schnellere Überarbeitung der geltenden Rechtsvorschriften ein.
Neben der Bestätigung, dass die Herstellung von Rezyklaten aus dem Rohstoffrecycling identisch ist mit der von neuen Polyolefinen benötigen wir ein effizientes und effektives Verfahren für die Zulassung aller anderen physikalischen Recyclingtechnologien – mechanisch, lösend oder chemisch –, die die hohe Verbrauchersicherheit gewährleisten können, die wir zu Recht für lebensmittelechte Materialien fordern.
Die PCEP-Mitglieder arbeiten auch an der Schaffung eines klaren wissenschaftlichen Bewertungsrahmens für Polyolefine. Wir können nicht weiterhin eine Reihe von Regeln, die für PET entwickelt wurden, zur Beurteilung anderer Polymere verwenden. Jedes Material ist einzigartig, und die Sicherheitsbewertung muss der Beschaffenheit des jeweiligen Materials Rechnung tragen.
Es gibt bereits verbindliche Zielvorgaben für den Recyclinganteil in Polyolefinverpackungen mit Lebensmittelkontakt, die in der Richtlinie für das Einweg-Plastikverbot festgelegt sind, und wir sehen neue Zielvorgaben für das gesamte Spektrum der Polyolefinverpackungen auf uns zukommen, ohne dass es EU-weite Genehmigungen für die Verwendung von Recyclinganteilen in diesen Anwendungen gibt.
Dieses Problem muss schnell gelöst werden, damit Investitionsentscheidungen für den Aufbau von Sammel-, Sortier- und Recyclingsystemen getroffen werden können, die lebensmittelechte Polyolefine hervorbringen.
Ein dritter wichtiger Punkt, bei dem wir uns von den politischen Entscheidungsträgern Klarheit wünschen, betrifft die Übergangszeit. Polyolefine lassen sich hervorragend recyceln, aber wie bei jedem anderen Material auch, ist die Voraussetzung hierfür ein System, das Sammlung, Sortierung und Recycling ermöglicht.
Die Polyolefin-Industrie hat die Zielvorgabe für das Recycling von Kunststoffverpackungen im Jahr 2018 übertroffen, und wir werden auch das Ziel erreichen, den Kreislauf zu schließen. Zudem unterstützen die PCEP-Mitglieder voll und ganz das Ziel, dass alle Verpackungen bis 2030 wiederverwendbar oder recycelbar und darüber hinaus die wiederverwendbaren Verpackungen selbst recycelbar sein sollen.
Während diese politischen Zielsetzungen in gesetzliche Vorgaben umgesetzt werden, müssen wir dafür sorgen, dass uns die Flexibilität und Zeit zugestanden werden, die notwendig sind, um mit allem, was heute verfügbar ist, Verbesserungen zu erreichen.
Wir müssen europaweit den besten Standard schaffen. Wir müssen jetzt investieren, damit dieses System bis 2030 funktionsfähig wird. Alle anderen politischen Maßnahmen, wie z. B. die Differenzierungen von Lizenzentgelten, Steuern, Abfalltransportvorschriften und Zielvorgaben für den Recyclinganteil, müssen ganzheitlich konzipiert werden, um einen harmonisierten Ansatz zu schaffen, der die Größe des europäischen Marktes ausnutzt, um diesen Systemwandel rasch zu unterstützen.
Das Thema Kunststoffe bietet häufig Anlass für hitzige Diskussionen. Wie begegnen Sie den Plastikgegnern oder den Forderungen nach Plastikfreiheit?
Obwohl ich diese Forderung für völlig verfehlt halte, kann ich die Bedenken nachvollziehen, die den Widerstand gegen Kunststoffe begründen. Wir alle sind mit einer Klimakrise konfrontiert, und als Individuen, Gemeinschaften, Regierungen und Unternehmen müssen wir alle unseren Teil dazu beitragen, eine neue Gesellschaft zu schaffen, die allen Menschen ein sicheres Leben auf unserem Planeten ermöglicht.
Die Verschmutzung durch Plastik, sei es durch Vermüllung oder durch die direkte Entsorgung in den Weltmeeren in Ländern ohne Abfallbewirtschaftungssysteme, ist ein sehr emotionales und sichtbares Symptom eines Systems, das nicht richtig funktioniert. Es ist das System, das verändert werden muss, nicht der Werkstoff.
Wie es im Green Deal der EU ausdrücklich heißt, sind Kunststoffe wichtige und allgegenwärtige Werkstoffe in unserer Wirtschaft und unserem täglichen Leben. Sie erfüllen eine Vielzahl von Funktionen, die dazu beitragen, eine Reihe von Herausforderungen zu bewältigen, vor denen unsere Gesellschaft steht. Polyolefine sorgen für Effizienzsteigerungen, die den ökologischen Fußabdruck des gesamten Lebensmittelproduktionssystems verringern, vom Anbau über den Transport bis hin zur Verlängerung der Haltbarkeitsdauer von Lebensmitteln, so dass wir sie konsumieren können, bevor sie verderben und weggeworfen werden.
Sie tragen dazu bei, leichte und langlebige Mobilität, Elektronik und Baumaterialien herzustellen. Elektrokabel aus Polyolefinen verbinden die Welt, Rohre leiten Wasser, Gas und Abwasser dorthin, wo sie hingehören oder benötigt werden. Vliesstoffe aus Polyolefinen für PSA bieten wichtige Hygiene- und Sicherheitsanwendungen. Die Liste der Vorteile ließe sich beliebig erweitern.
Eine Welt ohne Kunststoffe ist schlichtweg keine umweltfreundliche oder nachhaltige Welt. Die Art und Weise, wie Kunststoffe hergestellt, verwendet und entsorgt werden, führt jedoch allzu oft dazu, dass der Wert, den sie für uns besitzen, ignoriert wird. Die PCEP-Mitglieder sind sich ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst.
Es besteht die dringende Notwendigkeit, unsere Wirtschaft neu zu denken, die Rohstoffe für die Herstellung von Polyolefinen zu diversifizieren, den Fußabdruck der Herstellung, der Verwendung und des Recyclings unserer Werkstoffe fortwährend zu verbessern, neue Geschäftsmodelle und Systeme zu schaffen, um möglichst viele Produkte und Werkstoffe so lange wie möglich in Gebrauch zu halten, sicherzustellen, dass das gesamte Material im Kreislaufsystem verbleibt und dass es zu hochwertigen neuen Rohstoffen recycelt wird, die den Produktanforderungen in der gesamten Wirtschaft entsprechen.
Die Verwirklichung dieser Ziele wird sowohl die Polyolefin-Industrie selbst als auch die öffentliche Wahrnehmung unserer Produkte verändern. Ich begrüße die Einwände, die uns dazu bringen, unser Handeln kritisch zu überdenken und sinnvolle Veränderungen herbeizuführen; wir müssen alle zusammenarbeiten.
Was motiviert Sie persönlich bei Ihrer Arbeit für die Kunststoffindustrie?
Ich habe mich schon immer leidenschaftlich für die Umwelt eingesetzt und gleichzeitig für die Rolle der Wissenschaft, wenn es darum geht zu verstehen, was die Dinge wirklich zum Laufen bringt oder verändert. Ich habe mein gesamtes Berufsleben damit verbracht, die Welt der Wissenschaft mit der Welt der Politik zu verbinden, um politische und geschäftliche Maßnahmen zu entwickeln, die der Umwelt helfen.
Ich bin zur PCEP gekommen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass Polyolefine eine äußerst positive Rolle in einer nachhaltigen Wirtschaft spielen, die durch die Ende 2018 sehr stark verbreitete Anti-Plastik-Stimmung gefährdet wurde.
Ich bin auch davon überzeugt, dass ohne die Zusammenarbeit aller Akteure in der Wertschöpfungskette ein systemischer Wandel einfach nicht möglich ist. Die Aufgabe der PCEP, Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette, die sich für eine Kreislaufwirtschaft engagieren, zusammenzubringen und ihnen eine Plattform für die Zusammenarbeit zu bieten, um einen echten Wandel zu gestalten, war und ist daher ein Ziel, dem ich meine ganze Energie und meinen Einsatz widme.
Die PCEP-Mitglieder sind zu 100 % unserer Mission verpflichtet. Sie kommen jeden Tag zusammen, um ihr Fachwissen auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsame Grundlagen sowie innovative Lösungen zu finden.
Es bereitet mir große Freude, sie dabei zu unterstützen und die Schlussfolgerungen dann einem breiteren Publikum bekanntzumachen, um das Bewusstsein zu schärfen und eine gute Politik zu gestalten. Das ist eine spannende und anspruchsvolle Reise.
Wenn von Lobbyarbeit in Brüssel die Rede ist, erweckt das oft das Misstrauen der Menschen. Bitte erzählen Sie uns ein wenig von der so genannten Brüsseler Blase. Wer befasst sich dort mit Kunststofffragen?
Was für eine wunderbare Frage! Ich denke, es ist wirklich eine Blase, ein Ort, an dem wir in alltäglichen Gesprächen bei einem Kaffee oder einem belgischen Bier gerne mit Begriffen wie „Komitologie“, „Berichterstatter“ oder „Folgenabschätzung“ um uns werfen. Tatsächlich besteht jedoch kein Grund für Misstrauen. Wie in jeder anderen Branche ist dies nur der Jargon, den viele Menschen verwenden, die im selben Bereich arbeiten – in diesem Fall in der Welt der Verhandlungen zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik, die der Schaffung eines rechtsverbindlichen Rahmens dienen. Auf meinen ersten Konferenzen der Kunststoffindustrie habe ich eine ähnliche Kommunikationslücke erlebt, während ich den Leuten zuhörte, die munter über Extrusion, Recyclinganlagen für Kunststoffe und Polymereigenschaften wie Schmelzflussindex sprachen.
Um es sehr einfach zu sagen (und falls jemand aus der Branche dieses Interview liest, so sei gesagt, dass es sich um eine starke Vereinfachung handelt), es gibt drei zentrale Instanzen, die an der Entwicklung jeder EU-Politik beteiligt sind:
Da wäre zunächst einmal die Europäische Kommission, die ein bisschen wie ein nationaler öffentlicher Dienst agiert und für die frühen Phasen der Erforschung eines Problems, die Ermittlung von Lösungen und das Verständnis der möglichen Auswirkungen einer bestimmten Änderung von Richtlinien verantwortlich ist. Sie entwirft sämtliche EU-Richtlinien.
Dann das Europäische Parlament, das sich aus direkt gewählten Volksvertretern aus der ganzen EU zusammensetzt, die sich auf die Gestaltung bestimmter Politikbereiche spezialisiert haben – im Fall der PCEP ist der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit eine kritische Gruppe von Politikern.
Und nicht zuletzt der Europäische Rat, in dem alle nationalen Regierungen zusammenkommen, um die Interessen ihres Landes innerhalb der europäischen Position zu vertreten. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat verabschieden gemeinsam den endgültigen Wortlaut aller EU-Gesetze.
Und wie engagieren Sie sich als Verband dort?
Als Verband identifizieren wir die Schlüsselpersonen innerhalb dieser Institutionen, die eine aktive Rolle bei der Entwicklung, Gestaltung und Verabschiedung einer bestimmten Politik spielen, die für die Polyolefin-Kreislaufwirtschaft relevant ist, z. B. die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle. Wir arbeiten mit ihnen zusammen, um dem Standpunkt der PCEP Gehör zu verschaffen. Wir zeigen die Rolle der Polyolefine bei der Erreichung des politischen Ziels und die Elemente der Politik auf, die die Kreislaufwirtschaft unterstützen – oder gegebenenfalls auch behindern. Wir teilen Fakten und beantworten ihre Fragen.
Als einziges Forum für alle Akteure entlang der Polyolefin-Wertschöpfungskette ist die Rolle der PCEP bei der Interessenvertretung einzigartig, da wir den politischen Entscheidungsträgern eine einheitliche Position der Wertschöpfungskette vermitteln. Dies ist äußerst wertvoll für sie, um zu erkennen, welche Bedürfnisse die Vorreiter der Kreislaufwirtschaft haben.
Wir arbeiten eng mit unseren Mitgliedern zusammen, um sie über die unzähligen politischen Maßnahmen auf dem Laufenden zu halten und lösungsorientierte, auf die Wertschöpfungskette ausgerichtete Positionen zu erarbeiten.
Als ein einziger Verband, dessen Arbeit sich auf einen einzigen Werkstoff konzentriert, sind wir auch in der Lage, in einzigartiger Weise über die Vorteile und Bedürfnisse der Polyolefin-Industrie zu sprechen. Wir machen die Stimme der Polyolefine in der Diskussion in der Brüsseler Blase hörbar.
Um all dies zu erreichen, ist die Zusammenarbeit ein entscheidender Faktor, und wir freuen uns immer, wenn sich uns weitere Akteure aus dem gesamten Polyolefin-Kosmos anschließen. Je mehr, desto besser!
Frau Spencer, vielen Dank für das Gespräch!
Polyolefine
Polyolefine sind Kunststoffe auf Basis reiner Kohlenwasserstoffe. Die wichtigsten Vertreter sind Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), die zusammen rund die Hälfte der gesamten Kunststoffproduktion vereinen. Der dritte Vertreter der Gruppe ist Polymethylpenten (PMP). Diese Kunststoffe zeichnen sich neben Ihrer geringen Dichte vor allem durch eine gute chemische Beständigkeit, eine geringe Wasseraufnahme und gute elektrischen Isoliereigenschaften aus.