Seit Jahrtausenden haben Generationen von Landwirten durch Beobachtung der Natur viele Bauernregeln definiert, um Vorhersagen über die Wetterverhältnisse der folgenden Wochen und Monate zu ermöglichen. Kein Wunder – war und ist das Wetter doch ganz entscheidend für eine gute oder schlechte Ernte.
In diesen Tagen beginnt die Erdbeersaison; die Spargelsaison läuft bereits seit rund zwei Wochen. Der milde Winter und die vielen sonnigen Tage der vergangenen Wochen haben das Wachstum der Pflanzen beschleunigt. Frostschäden blieben gering.
Die ersten Erdbeeren reifen allerdings nicht im Freiland, sondern in Folientunneln. Diese tonnenförmigen Gebilde über den in Reihen wachsenden Erdbeeren haben einen Effekt wie ein Treibhaus aus Glas. Unter der Folie wärmt sich die Luft auf, und die Wärme kommt den Pflanzen und ihrer Reifung zugute.
Wie schön, dass heute Erdbeeren, Tomaten, Spargel oder Salat mit der Unterstützung von Kunststoff wachsen, der als Vlies, Netz oder Folie die Felder bereichert. Besonders in diesen Tagen schätzen Verbraucher, dass sie bereits jetzt Spargel und Erdbeeren aus Deutschland kaufen können.
Obst und Gemüse können so schneller und mit weniger Pestizideinsatz gedeihen. Kunststoff kommt in der Landwirtschaft auf vielfältige Weise zum Einsatz. Nicht nur im Obst-, Wein- und Gemüsebau, sondern auch in der Grünlandnutzung und der Forstwirtschaft.
Nur: Was geschieht mit dem Kunststoff, wenn die Ernte vorbei ist? Die Initiative Erntekunststoffe Recycling Deutschland der kunststoffverarbeitenden Industrie – kurz ERDE genannt – hat diese Frage zu ihrem Thema gemacht und nimmt seit 2013 deutschlandweit Erntekunststoffe zurück, um sie zu verwerten.
Kunststoffe sind widerstandsfähig, vielseitig und stabil und daher perfekt gemacht für raue Umgebungen, wie sie in der Landwirtschaft herrschen. Landwirte setzen bereits seit langem auf Kunststoff, um die Qualität der Ernte zu erhöhen. Denn mithilfe von Kunststoff wachsen Obst und Gemüse nicht nur zu jeder Jahreszeit – beides ist oft auch von höherer Güte als das, was auf dem freiem Feld wächst.
Bereits seit den 1950er-Jahren kommen daher Folien beim Spargelanbau zum Einsatz. Heute werden zudem Silage- und Stretchfolien sowie Rundballennetze, Pressgarne oder Ernteverfrühungshilfen eingesetzt. Und das gilt auch für Ökolandwirte.
Gesünder, früher und umweltfreundlicher und ernten
So kommen etwa aus Polypropylen hergestellte Ernteverfrühungsvliese für den Anbau von Kartoffeln, Salat und Erdbeeren zum Einsatz. Sie sorgen für das richtige Klima: Durch die erhöhten Luft- und Bodentemperaturen wird der Pflanzenwuchs optimiert.
Unter den Kunststoff-Abdeckungen bleibt es für Obst- und Gemüsesorten auch nachts kuschelig warm. Gleichzeitig sind sie ein guter Schutz vor Kälte und Schnee. Stroh- und Rübenschutzvliese schirmen die Ernte gegen äußere Witterungseinflüsse ab. Kulturschutznetze halten Schädlinge von den Lebensmitteln fern, zudem hilft das Abdecken des Bodens gegen die Entstehung von Unkraut.
Weniger Pflanzenschutzmittel sind notwendig – das gilt auch für Gewächshäuser. Davon profitieren beispielsweise Beeren oder Steinobst. Kunststoffe schützen aber auch vor dem Erdfloh, der sich besonders gerne unter Kartoffeln, Brokkoli oder Auberginen tummelt.
Der Boden bleibt feucht
Hinzu kommt: Werden Kunststoffe zur Abdeckung des Bodens genutzt, binden sie dort die Feuchtigkeit – die Landwirte brauchen also weniger Wasser. Kunststoffrohre zur Beregnungsdüngung verhindern, dass Wasser und Nährstoffe verschwendet werden, und Regenwasser kann sicher in Behältern aus Kunststoff gesammelt werden.
Auch die Wünsche der Verbraucher:innen lassen sich mithilfe von Kunststoff besser erfüllen. So weiß man beispielsweise, dass verschiedene Salat- und Gemüsepflanzen wie Chicorée oder Spargel weniger in ihrer natürlich-grünen, sondern in einer blass-gelbgrünen Farbe geschätzt werden. Mit photoselektiven Folien lässt sich diese Farbgebung steuern.
Mehr und länger Spargel genießen
Ein weiteres gutes Beispiel, wie Kunststoff in der Landwirtschaft unterstützt, sind Spargelfolien. Und die hat sicher jeder schon einmal gesehen. Sie helfen dabei, dass das königliche Gemüse hierzulande früher, länger und ertragreicher geerntet werden kann. Denn die Konsument:innen können oft den Beginn der Spargelzeit im Frühjahr gar nicht erwarten.
Die Folien lassen sich wenden, sind auf der einen Seite schwarz und auf der anderen weiß. Damit können die Bauern die Temperatur in den Hügelbeeten steuern und das wertvolle Stangengemüse vor widrigem Wetter schützen. Und auch hier sind Schädlinge und Unkraut quasi chancenlos, was sich wiederum auf den geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auswirkt.
Beispiele für Kunststoffe in der Landwirtschaft
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- Gewächshäuser
Gewächshäuser bündeln das Licht der Sonne für Obst und Gemüse. Es kann so in einer Umgebung wachsen, die am ehesten seinen Bedürfnissen entspricht
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- Gewächstunnel
Gewächstunnel sind die kleinen Schwestern der Gewächshäuser. Sie funktionieren ähnlich, sind aber kleiner und weniger komplex aufgebaut.
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- Mulchen
Wird der Boden gemulcht oder mit einer Plastikfolie geschützt, verdunstet weniger Wasser. Die Erde bleibt feucht.
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- Kunststoffspeicher und Bewässerungssysteme
Mit Kunststoffspeichern und Bewässerungsanlagen wird weniger Wasser beim Anbau verbraucht und ein Beitrag zur nachhaltigen Landwirtschaft geleistet.
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- Silage
Silage ist Tierfutter aus Futterpflanzen, die durch einen Gärprozess konserviert werden. Kunststofffolien verhindern, dass schlechtes Wetter die Silage beschädigt. So bleibt die anaerobe Atmosphäre in dem Futterballen erhalten und die Silage kann in Ruhe gären.
ERDE recycelt Kunststoffe
Doch wie lassen sich diese landwirtschaftlichen Kunststoffe am besten im Sinne einer Kreislaufwirtschaft verwerten? Mit diesem Thema setzt sich die Initiative ERDE auseinander. Sie tritt aktiv dafür ein, dass weniger Kunststoffabfall produziert wird und die Landwirtschaft nachhaltig handeln kann.
Wie das funktioniert? ERDE nimmt deutschlandweit Erntekunststoffe zurück und verwertet sie. Das gilt für Siloflachfolien, Unterziehfolien, Siloschläuche, Silagestretchfolien, Netzersatzfolien, Rundballennetze, Pressengarne, Lochfolien und seit diesem Jahr auch für Spargelfolie. Haben die Kunststoffe – oft erst nach vielen Jahren – ausgedient, werden sie gewaschen, zerkleinert und zu Granulat, dem Kunststoffrezyklat, eingeschmolzen. Und kommen dann wieder zum Einsatz.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Die IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. bildet das Dach für ERDE. Hier engagieren sich herstellende Unternehmen von Erntekunststoffen für den Klima- und Umweltschutz.
So entstand in Kooperation mit dem Entsorgungsspezialisten RIGK das ERDE-Konzept, das die Rücknahme und das Recycling von Erntekunststoffen antreibt.
Alle Akteure des Erntekunststoff-Kreislaufs können dabei Teil von ERDE werden:
- Hersteller und Erstvertreiber von Erntekunststoffen: Sie beliefern den deutschen Markt und unterstützen als ERDE-Mitglieder und Geldgeber die Sammlung.
- Lohnunternehmer und Landwirte: Sie nutzen Kunststoffe für ihre Arbeit und liefern ihre gebrauchten Erntekunststoffe sauber an die ERDE-Sammelstellen.
- Handel, Maschinenringe, Landwirte, Lohnunternehmer und Entsorger: Sie betreiben die ERDE-Sammelstellen.
Der Systembetreiber RIGK sorgt dafür, dass das Sammelstellennetz wächst. Er unterstützt die Sammelstellen mit Fachpersonal und kümmert sich um die Sammlung und ordnungsgemäße Dokumentation. Für die Bauern fallen durch die Teilnahme an ERDE deutlich weniger Kosten an als bei anderen Entsorgungsangeboten. Zudem erhalten sie Nachweise, dass sie die Kunststoffe ordnungsgemäß abgegeben haben und einen Ausweis über die CO2-Einsparung.
Kunststoffe sind so zu unverzichtbaren Helfern auch in der Landwirtschaft geworden. Mit ihnen reift Obst und Gemüse umweltfreundlicher, wasserschonender und auch optisch so, wie es die Verbraucher:innen gerne essen.
Wird der Kunststoff wie bei ERDE richtig recycelt, entsteht eine Win-Win-Situation, von der alle Beteiligten profitieren. Darüber hinaus gibt es auf dem Markt biobasierte Folien, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Zucker oder Polymilchsäuren hergestellt werden. Auch sie sind robust und lassen sich – wie Kunststoff – recyceln.