Julia Knobloch ist Deputy Head of Packaging Development bei Werner & Mertz. Als Pionier zeigt der Mittelständler seit vielen Jahren beispielhaft, wie eine erfolgreiche Umsetzung des Kreislaufprinzips gelingt. Ein Teil davon zu sein sowie nachhaltige Verpackungslösungen voranzutreiben, das begeistert Julia Knobloch jeden Tag. Im Interview erzählt sie, wie das Unternehmen Rezyklate aus dem Gelben Sack in hochwertigen Verpackungen einsetzt, welche Rolle Design for Recycling spielt, und warum gerade junge Talente eine zentrale Verantwortung dafür tragen, Verpackungen nachhaltig und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Ein wichtiger Aspekt der nachhaltigen Verpackungsstrategie bei Werner & Mertz ist der konsequente Einsatz von Post-Consumer-Rezyklat (PCR). Wie stellen Sie sicher, dass es nachhaltig, funktional und hochwertig genug für den Einsatz in Verpackungen ist?
Wir entwickeln unsere Verpackungen aktiv weiter und arbeiten dafür eng mit unseren Packmittellieferanten zusammen. Darüber hinaus stehen wir im regelmäßigen Austausch mit den Lieferanten unseres Rezyklats sowie mit Sortier- und Recyclingbetrieben. An unseren Standorten in Mainz und Hallein begleiten wir die Abfüllprozesse vor Ort und stellen sicher, dass die Packmittel aus PCR unseren technischen und qualitativen Anforderungen entsprechen. Der Einsatz von PCR und die enge Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind für uns längst gelebter Alltag.
Über Julia Knobloch

Portrait Kunststoffverbesserer Julia Knobloch von Werner & Mertz
Copyright: Werner & Mertz
Julia Knobloch entdeckte ihre berufliche Leidenschaft bereits während ihres Masterstudiums, als sie ihr Interesse für Technik, Materialien und Konstruktionen vertiefte. Nach dem Studium startete sie ihre Karriere in der Verpackungsentwicklung und sammelte dabei Erfahrungen in verschiedenen Branchen. Seit 2024 entwickelt sie bei Werner & Mertz nachhaltige Verpackungslösungen im Sinne der Kreislaufwirtschaft. Besonders schätzt sie die praxisnahe Entwicklungsarbeit, bei der Qualität und Nachhaltigkeit nicht nur angestrebt, sondern konsequent umgesetzt werden. „Wir reden nicht nur über Nachhaltigkeit, wir setzen sie wirklich um. Wir stellen uns den Herausforderungen und warten nicht ab“, sagt Julia Knobloch überzeugt. „Nachhaltige Verpackungen sind längst Realität – und sie überzeugen auch in ihrer Qualität.“
Im Juni wird Werner & Mertz den Weltrekord von einer Milliarde Flaschen aus 100 Prozent recyceltem Kunststoff erreichen – ein beeindruckender Meilenstein Ihrer Rezyklat-Initiative. Was waren hierbei die größten Herausforderungen und was braucht es, damit sich solche Lösungen künftig branchenweit etablieren?
Seit Beginn stehen für uns Kreislaufwirtschaft, der Einsatz von PCR und höchste Qualitätsansprüche im Fokus. Unsere ersten Flaschen bestanden bereits zu 100 Prozent aus Rezyklat, mit einem Anteil von 20 Prozent aus dem Gelben Sack. Diese Entwicklung war möglich, weil sich die Aufbereitungstechnologien deutlich verbessert haben, sowohl in Bezug auf Qualität als auch auf Wirtschaftlichkeit.
Inzwischen lässt sich Rezyklat aus dem Gelben Sack problemlos mit einem Anteil von 75 Prozent in unseren Packmitteln verarbeiten. Die größte Hürde bleibt allerdings der Preis: Rezyklat ist nach wie vor teurer als Neuware. Es sind daher weniger technische als vielmehr wirtschaftliche Gründe, die viele Unternehmen davon abhalten, PCR einzusetzen.
Über Werner & Mertz
Werner & Mertz ist ein familiengeführtes Unternehmen in fünfter Generation mit Hauptsitz in Mainz. Bekannt durch Marken wie Frosch und Green Care Professional steht das Unternehmen für ökologische Reinigungs-, Pflege- und Waschmittel. Seit über 150 Jahren verfolgt Werner & Mertz das Ziel, einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen zu leisten. Die konsequente Umsetzung einer energieschonenden Kreislaufwirtschaft, der Einsatz von Verpackungen aus 100 Prozent Rezyklat und die Verwendung naturbasierter Inhaltsstoffe sind zentrale Bestandteile der Unternehmensphilosophie. Mit Produktionsstandorten in Mainz und Hallein sowie über 1.000 Mitarbeitenden setzt Werner & Mertz innovative Maßstäbe für nachhaltige Produktentwicklung und verantwortungsvolles Wirtschaften.

Luftaufnahme Werner & Mertz Gebäude in Mainz
Copyright: Werner & Mertz
Wie trägt Verpackungsdesign zur Transformation in Richtung Kreislaufwirtschaft bei – gerade angesichts der Herausforderung, Nachhaltigkeit, Funktionalität, Ästhetik und industrielle Umsetzbarkeit miteinander zu vereinen?
Das Verpackungsdesign – insbesondere im Sinne von Design for Recycling (D4R) – bildet die Grundlage für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. Wir entwickeln unsere Packmittel konsequent nach den D4R-Prinzipien und konnten den Markt bereits mit zahlreichen Innovationen überzeugen.

Copyright: Werner & Mertz
Ein Beispiel ist der erste vollständig recyclingfähige Standbodenbeutel, den wir gemeinsam mit Mondi entwickelt haben. Seit 2019 ist er erfolgreich im Markt. Der Beutel besteht aus einem unbedruckten Polyethylen (PE)-Hauptkörper mit integriertem Ausgießer und einer Kappe – ebenfalls aus 100 Prozent PE. Die bedruckte Banderole ist nur am Rand des Hauptkörpers verschweißt. Beim Recycling wird die Verpackung geschreddert. Dadurch lassen sich bedruckte und unbedruckte Bestandteile farbbasiert sortieren.
Ein weiteres Beispiel ist unser vollständig recyclingfähiger Sprühverschluss („Trigger“), bei dem selbst die mechanischen Bauteile einen PCR-Anteil enthalten. Zusätzlich achten wir im Verpackungsdesign auf farblose bzw. transparente Verschlüsse sowie abwaschbare Etiketten – wichtige Details, die den Recyclingprozess weiter verbessern.
Welche Verantwortung tragen junge Talente in der Kunststoffbranche, wenn es darum geht, die Industrie zukunftsfähig zu gestalten?
Es ist entscheidend, junge Talente mit ihren frischen Perspektiven und ihrer Offenheit frühzeitig in die Praxis einzubinden. Die Verpackungs- und Kunststoffbranche sollte ihnen deutlich machen, dass sie die Chance haben, die Industrie positiv zu gestalten und aktiv am Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft mitzuwirken. Damit die Branche zukunftsfähig bleibt, müssen wir alle gemeinsam Verantwortung übernehmen und die Kreislaufwirtschaft konsequent stärken.
Welche Rolle spielt der Dialog zwischen Industrie, Politik und Gesellschaft für die Entwicklung nachhaltiger Kunststofflösungen?
Dieser Dialog spielt eine entscheidende Rolle. Es braucht ein gemeinsames Verständnis und Lösungen, die sich in der Praxis umsetzen lassen. Um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben und nachhaltige Kunststofflösungen in den Markt zu bringen, existieren bereits verschiedene Ansätze – etwa die Plastic Tax auf Neuplastik, um den Einsatz von PCR zu fördern. Gleichzeitig sollte die Industrie ein eigenes Interesse daran haben, nachhaltige Verpackungslösungen einzusetzen und eigenverantwortlich zu handeln, bevor externe Regulierungen greifen.
Die „Kunststoffverbesserer“
Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.