Was auf einer großen Kunststoffmesse und in einem Pilotprojekt Ende 2019 begann, mündet nun in eine erfolgreiche Kooperation: Ab 1. April 2021 verwendet die BSH Hausgeräte GmbH als Verpackungsmaterial für ausgewählte Großgeräte insbesondere der Luxusmarke Gaggenau erstmals Styropor, für das ein Rohstoff aus chemisch recycelten Kunststoffabfällen verwendet wurde.
„Unser Ziel bei der BSH ist es, die Lebensqualität zu verbessern. Dazu gehört auch natürliche Ressourcen zu schonen und zur Reduzierung von Abfall und Verschmutzung beizutragen. Einen großen Schritt auf diesem Weg haben wir bereits zurückgelegt: Seit Ende 2020 entwickeln und fertigen wir an unseren Standorten als Europas führender Hausgerätehersteller alle Produkte weltweit CO2-neutral. Das reicht uns aber nicht – wir als Gesellschaft und damit auch wir als Unternehmen müssen weg von der Wegwerfmentalität, hin zu mehr Bewusstsein für Rohstoffe und Materialien. Aus alt neu zu machen und so Abfall zu vermeiden ist daher ein Kernelement des Kreislaufwirtschaftsansatzes der BSH. Mit der Nutzung von Styropor-Verpackungen, für die Rohstoffe aus dem chemischen Recycling eingesetzt werden, leisten wir einen aktiven Beitrag zu unseren Nachhaltigkeitszielen und zur industrie-übergreifenden Kreislaufwirtschaft. Wir freuen uns mit BASF einen langjährigen, erfahrenen Partner an unserer Seite zu haben, der uns bei der Erreichung dieser Ziele unterstützt“, sagt Silke Maurer, Chief Operating Officer der BSH Hausgeräte GmbH.
Verpackungen in Neuware-Qualität – kleinerer CO2-Fußabdruck
Aufgrund seines Herstellungsverfahrens verfügt Styropor® Ccycled™ über die gleichen Eigenschaften wie herkömmliches Styropor. So bleiben die guten Verpackungseigenschaften wie hervorragende Stoßdämpfung und hohe Druckfestigkeit erhalten, welche unerlässlich für den Schutz von anspruchsvollen Haushaltsgeräten sind. In der Produktion des seit 70 Jahren bekannten Verpackungsschaumstoffs werden lediglich fossile Rohstoffe durch die benötigte Menge an sogenanntem Pyrolyseöl ersetzt, das von BASF-Partnerfirmen aus Kunststoffabfällen gewonnen wird, die sonst energetisch verwertet oder deponiert würden. BASF setzt dieses Öl zur Herstellung neuer Kunststoffe am Beginn der Wertschöpfungskette ein.
Da sich recycelte und fossile Rohstoffe in der Produktion vermischen und nicht voneinander zu unterscheiden sind, wird der Recycling-Anteil dem Styropor® Ccycled™ über einen Massenbilanzansatz zugeordnet. Sowohl der Zuordnungsprozess als auch das Produkt selbst, sind durch das unabhängige Zertifizierungsprogramm Ecoloop zertifiziert. Im Vergleich zu herkömmlichem Styropor lassen sich bei der Herstellung von Styropor® Ccycled™-Verpackungen so mindestens 50% CO2 einsparen.
Kreisläufe schließen – Ressourcen schonen – Umwelt schützen
„Der Schwerpunkt der aktuellen Umweltpolitik ist es, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, fossile Ressourcen zu schonen, Abfälle zu vermeiden oder zu nutzen. Unser Partner BSH trägt durch den Einsatz von Produkten aus unserem ChemCycling™-Projekt aktiv dazu bei, dass Kunststoffe nach ihrer Gebrauchsphase wiederverwertet und zurück in den Stoffkreislauf geführt werden.“ sagt Klaus Ries, Leiter des Styrenics-Geschäfts der BASF in Europa.
In der Zukunft soll die Zusammenarbeit zwischen BSH, BASF und Schlaadt weiter ausgebaut werden, um die Nutzung von alternativen Rohstoffen entlang weiterer Wertschöpfungsketten zu prüfen und Lösungen zur Schließung des Kunststoffkreislaufs in diesen Bereichen zu finden. Dies schließt die Betrachtung weiterer Recyclingverfahren mit ein. Da sich unverschmutzte Styropor-Verpackungsabfälle sehr gut mechanisch recyceln lassen, ist diese Art des Recyclings heute bereits weit verbreitet und wird in den kommenden Jahren weiter intensiviert.
Weitere Informationen zum ChemCycling™-Projekt der BASF finden Sie hier.
5 Fragen an Stefan Schlaadt, Fachgruppe airpop
Die Hersteller von EPS-Verpackungen und Formteilen sind in der Fachgruppe airpop der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen organisiert. Die Mitglieder engagieren sich für eine sachliche Öffentlichkeitsarbeit sowie das weiter zunehmende Recycling ihres Materials. Stefan Schlaadt ist Geschäftsführer des gleichnamigen EPS-Verarbeiters und im Vorstand der Fachgruppe aktiv.
Wie erklären Sie sich den oft schlechten Ruf von Styropor und wie lautet die Antwort der Hersteller darauf?
Das hat verschiedene Gründe. Leider gilt für fast alle Verpackungen, dass wir sie erst wahrnehmen, wenn wir ihre Schutzfunktion nicht mehr benötigen. Das heißt, Verpackungen assoziieren die Menschen ganz oft einfach nur mit Abfall. Auch bei EPS oder auch Styropor/airpop ist die eigentliche Mission bei einem Großteil unserer Produkte erfüllt, wenn sie das stoß- oder temperaturempfindliche Gut sicher an seinen Bestimmungsort begleitet haben. Das funktioniert ganz hervorragend – mit dem Ergebnis, dass der Nutzen einer EPS – Verpackung meist gar nicht bewusst wahrgenommen wird. Er ist einfach vorhanden, ohne dass man sich Gedanken hierüber macht.
Da außerdem eine Vielzahl der von uns verpackten Produkte vom Fachhandel oder einem Handwerker ausgeliefert werden, wird die Verpackung direkt am Ort des Geschehens entsorgt, ohne dass sich der Endverbraucher hierum kümmern müsste. Also weiß eine überwiegende Mehrheit gar nicht, was mit diesen Produkten passiert und dass ein Großteil der Transportverpackungen, denen wir die Unversehrtheit des erworbenen Produktes verdanken, bereits heute, sortenrein einem hochwertigen Recycling zugeführt werden. Zum Teil irreführende Presse-Artikel und gesetzliche Auflagen bei denen EPS mit XPS verwechselt werden, sowie die leidige Flammschutzthematik bei früheren EPS-Bauanwendungen sorgen noch zusätzlich dafür, dass das Image von EPS seinen Fähigkeiten und seinem Nutzen in keiner Weise gerecht wird.
Was tun Sie als Hersteller von EPS-Verpackungen gegen diese wie Sie sagen eingeschränkte Wahrnehmung?
Und genau an dieser Stelle gilt es kommunikativ entgegen zu wirken und Aufklärungsarbeit zu leisten. Es sollte allen Nutzern bewußt sein, worin die Vorzüge von EPS-Formteilen liegen und was nach deren Gebrauch mit Ihnen passiert. Es sollte ebenso klar sein, dass EPS und Nachhaltigkeit und hierbei denke ich insbesondere an den Klimaschutz, sich nicht ausschließen, sondern ganz im Gegenteil einander bedingen. Kommunikation alleine ist jedoch nicht ausreichend. Um sie mit Inhalten zu füllen bedarf es dem zügigen Ausbau der bestehenden Recycling-Kapazitäten. Und hierbei geht es insbesondere um die Wiederverwertung von EPS – Verpackungen, die über die „gelbeTonne“ entsorgt werden. Übrigens eines der wesentlichen Projekte, mit denen sich die Fachgruppe airpop derzeit beschäftigt. Ebenso wichtig sind R-EPS Leuchtturmprojekte wie wir sie jetzt gemeinsam und proaktiv mit der BSH und der BASF in Angriff genommen haben. Hiermit treten wir, für jeden ersichtlich, den Beweis an, dass wir auf die alternativlosen Schutzfunktionen von EPS – Formteilen auch vor dem Hintergrund ständig wachsender Recycling – Anforderungen, nicht verzichten müssen – eine durchweg positive Botschaft wie ich meine.
Warum setzen Markenhersteller wie B/S/H entgegen dem allgemeinen Plastik-frei Trend ganz bewusst auf dieses Material?
Leider lässt sich in vielen Bereichen immer wieder beobachten, dass Marktteilnehmer über bewusst zur Schau gestelltes „Green-Washing“ die vermeintliche Nachhaltigkeit ihres Wirkens in den Vordergrund stellen. Man macht es sich leicht und scheut den aufwendigen Weg sich dezidiert mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Bei genauerer Betrachtung erweist sich eine solche Strategie jedoch recht schnell als vorsätzliche Augenwischerei. Einmal entlarvt fällt es in einem solchen Fall schwer in Zukunft noch glaubwürdig zu erscheinen. Das einzig nachhaltige an einem solchen Vorgehen ist daher das zerstörte Vertrauen.
Die B/S/H und eine zunehmende Anzahl weiterer Unternehmen, geht ganz bewusst einen anderen Weg. Man hinterfragt sehr detailliert die eingesetzten Produkte und deren Auswirkungen auf die verschiedenen Facetten im Hinblick auf die zu optimierenden Nachhaltigkeit des Unternehmens. Dabei spielt es eine eher untergeordnete Rolle ob es sich um Plastik oder Plastik-frei handelt. Die Summe der nachhaltigen Eigenschaften zählt.
Insofern ist es kein Zufall, dass man bewusst auf EPS setzt. Seine hervorragende Stoßdämpfung und hohe Druckfestigkeit galten schon immer als einzigartig. Das zu transportierende Gut wird bestmöglich geschützt und damit auch unser Klima. Es gilt die Formel: Produktschutz = Klimaschutz.
Mit dem gezielten Einsatz von Ccycled Styropor schont man nun auch noch den Ressourceneinsatz und reduziert den C02-Ausstoß der Neuware zwischen 50 und 90%. So geht praktizierte und wohl überlegte Nachhaltigkeit – Fakten statt blumiger Worte!
Elektromärkte oder Möbelhäuser nehmen gebrauchte EPS-Verpackungen zurück und können es sortenrein ins Recycling geben. Landet der Kantenschutz jedoch im Gelben Sack ist er für das Recycling verloren, da er augenblicklich noch nicht aussortiert wird. Wird das chemische Recycling hier eine Hilfe sein?
Das wird es definitiv, weil wir mit diesem Verfahren in der Lage sind auch gemischte und gleichzeitig verschmutzte Kunststoffabfälle wieder zu verwerten. Ein weiterer ganz entscheidender Vorteil besteht darin, dass die hierbei erzeugten Kunststoffgranulate Neuwarequalität aufweisen. D.h. die mechanischen Eigenschaften der erzeugten Produkte entsprechen 1:1 den ursprünglichen Formteilen – ein wirklich revolutionärer Ansatz. Darüber hinaus reduzieren sich die CO2-Emissionen beim Einsatz dieser Kunststoffgranulate gegenüber dem originären Herstellprozess um 50%.
In welchen Bereichen setzen Sie weiter auf das mechanische Recycling und wie kann auch dieses gestärkt werden?
Bei der Wiederverwertung von sortenrein gesammelten Formteilen wird das mechanische Recycling auch zukünftig die erste Wahl sein, zumal die hierbei erzeugten Granulate mittlerweile ein sehr hohes Qualitätsniveau erreicht haben. Soweit man das derzeit absehen kann, wird es bei der Verwertung von verunreinigten Formteilen (insbesondere aus dem gelben Sack) auf ein Miteinander von mechanischem Recycling und Chemcycling hinauslaufen. In dieser Kombination der Technologien wird es zweifellos möglich sein die vorgegebenen Wiederverwertungsquoten zu erreichen. Damit dies möglichst zeitnah geschieht arbeiten wir derzeit auf Verbandsebene mit Hochdruck an dem Aufbau und Ausbau der entsprechenden Mengenströme.