Folgen der Energiepreisexplosion

Eine aktuelle Umfrage der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. unter ihren 300 Mitgliedsunternehmen zeigt, dass die hohen Energiekosten für jedes fünfte Unternehmen der Branche ein existenzgefährdendes Ausmaß angenommen haben. Der Verband fordert die Politik zum Handeln auf, um Produktionsstilllegungen und Arbeitsplatzverluste noch zu verhindern.

Die zumeist mittelständischen Hersteller von Kunststoffverpackungen und -folien in Deutschland sind, ähnlich wie viele andere energieintensive Branchen, geschockt von den dramatisch gestiegenen Strom- und Gaspreisen. Zwar konnten einige Unternehmen aufgrund laufender Verträge einen Kostenanstieg bisher vermeiden, im Branchen-Durchschnitt haben sich die Stromkosten seit Jahresbeginn jedoch verdoppelt. Viele Unternehmen müssen allerdings einen um 300, 500 und bis zu 750 Prozent höheren Strompreis als zum Jahresbeginn zahlen. Beim Erdgas ist die aktuelle Lage ähnlich, hier werden bis zu 625 Prozent höhere Preise gezahlt als zum Jahresbeginn und auch hier hat sich der Preis im Durchschnitt verdoppelt.

Für das nächste Jahr sieht die Lage noch dramatischer aus: 2023 wird beim Strom mit Erhöhungen im Einzelfall von bis zu 1.200 Prozent gerechnet, wobei ein durchschnittlicher Anstieg von circa 240 Prozent erwartet wird. Auch beim Erdgas erwarten die meisten Unternehmen mindestens eine Verdopplung, auch hier gehen die höchsten Schätzungen von einem Anstieg im Einzelfall von über 1.000 Prozent aus. Im Durchschnitt wird 2023 derzeit ein Anstieg der Erdgaspreise um 250 Prozent erwartet.

Dr Martin Engelmann Hauptgeschaeftsfuehrer IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen fordert Zuschüsse aufgrund gestiegener Energiepreise

Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschätsführer der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen Quelle: IK

„Viele energieintensive Unternehmen haben noch keinen Stromkontrakt für 2023. Angesichts einer Verzehnfachung der Preise an der Strombörse ist ein solcher Vertragsabschluss derzeit wirtschaftlich nicht darstellbar, die Unternehmen laufen zwangsläufig in den überhitzten Spotmarkt“, erläutert Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK. Zu den hohen Kosten komme noch die geplante Gasumlage, die Unternehmen weiter belastet. „Bisher ist es den meisten unserer Mitgliedsunternehmen gelungen, die drastisch gestiegenen Energiekosten zumindest teilweise an die Kunden weiterzugeben. Das ist mit ein Grund dafür, dass derzeit die meisten Unternehmen noch nicht in ihrer Produktion und Lieferfähigkeit beeinträchtigt sind. Das wird sich aber in den nächsten Monaten ändern, sollten die Energiepreise auf dem Niveau bleiben oder weiter steigen“, warnt Engelmann. Für 2023 rechnet bereits die Hälfte der Unternehmen mit negativen Auswirkungen auf die Produktion in Deutschland. Die Verringerung der russischen Gaslieferungen und eine drohende Gasmangellage in den nächsten Monaten trifft auch die Kunststoffverpackungs-Branche: Wie die Umfrage ergibt, hätte ein Erdgas-Lieferstopp für 2 von 3 Unternehmen negative Auswirkungen auf die Produktion, für knapp ein Drittel sogar erhebliche Folgen.

Große Hürden auf dem Weg zu staatlichen Zuschüssen

Das Energiekostendämpfungsprogramm der Bundesregierung, mit dem energieintensive Unternehmen Zuschüsse in Höhe von insgesamt 5 Milliarden Euro für den Zeitraum Februar bis September 2022 gewährt werden sollen, kann knapp jedes fünfte Unternehmen der Branche nutzen, für 40 Prozent kommt es nicht in Frage.

„Angesichts explodierender Energiepreise sind diese Zuschüsse nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein“, kritisiert Engelmann und verweist darauf, dass die Zuschüsse außerdem an strenge Voraussetzungen geknüpft seien, die für viele Unternehmen der Branche nicht zu erfüllen sind. „Problematisch ist insbesondere die Voraussetzung, dass sich die Strom- und Gaskosten im laufenden Jahr gegenüber dem Vorjahr mindestens verdoppelt haben müssen. Denn für viele Unternehmen kommt der Preisschock erst im nächsten Jahr“, so Engelmann.

Aufruf an die Politik zur Begrenzung des Kostenanstiegs

Von der Politik fordert die IK kurzfristig Maßnahmen, um den Energiepreisanstieg zu stoppen.

„Zu lange hat die Bundesregierung die Augen verschlossen vor den Folgen des Gaspreisanstiegs für den Strommarkt. Jetzt haben wir ein dramatisches Stromproblem und die Regierung muss handeln, um massenhafte Produktionsstillegungen und Arbeitsplatzverluste noch zu verhindern“, fordert Engelmann. Notwendig ist aus Sicht des Verbandes vor allem ein international wettbewerbsfähiger Industriestrompreis und ein Industrieerdgaspreis. Die Kopplung des Strompreises an den Gaspreis müsse beendet werden. „Kurzfristig muss außerdem der Preis für Erdgas, das in Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt wird, zeitlich befristet begrenzt werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Industrie die Windfall-Profits der Stromerzeuger finanzieren soll“, so Engelmann.

Die geplante Gasumlage müsse für Industriekunden gedeckelt werden. Außerdem müssen die Zusatzbelastungen aufgrund des nationalen Brennstoffemissionshandels ausgesetzt werden, weil sie angesichts der aktuellen Gaspreise keinen Sinn mehr machen und damit unverhältnismäßig sind. Schließlich sollte das Energiekostendämpfungsprogramm über den September hinaus ins nächste Jahr verlängert und aufgestockt werden.

Bilder: IK und iStock_000019275807