„Die nachhaltigste Maschinenbauerin Deutschlands“ und „eine der 50 inspirierendsten Unternehmerinnen Deutschlands“ – dies schreibt das Handelsblatt über Simone Mosca, Geschäftsführerin der Mosca GmbH. Das Unternehmen produziert Maschinen und liefert das passende Verpackungsmaterial wie Kunststoffbänder oder Folien direkt mit. Simone Mosca erklärt im Interview unter anderem, wie aus Umreifungsbändern ökologische Verpackungen entwickelt werden und wie sich eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft etablieren lässt.

Frau Mosca, 2008 sind Sie in das Familienunternehmen Ihres Mannes eingestiegen und haben die Leitung des neuen Werkes zur Produktion von Kunststoffbändern in Muckental übernommen. Wie ist Ihnen der Einstieg gelungen?

Ich komme aus dem Maschinenbau und bin mit technischen Themen sehr affin. Trotzdem war die Kunststoffproduktion natürlich Neuland für mich. Aber es war Liebe auf den ersten Blick und ich habe mich schnell und gerne in diese spannende Industrie eingearbeitet. Bei unseren Kunststoffingenieuren bin ich direkt auf offene Ohren gestoßen: Gemeinsam haben wir die vielen notwendigen Puzzle-Stücke zusammengefügt, beispielsweise in der Logistik oder bei der Bereinigung von Produkten, um das Werk in die Erfolgsspur zu bringen.

Kunststoff und Nachhaltigkeit sind eng miteinander verbunden.

Ja, das ist richtig. Ich habe mich bereits zum Start meiner Werksleitung mit Themen wie der Verwertung von Schmelz- und Produktionsabfällen beschäftigt. Meine Überlegungen waren stets effizienzgetrieben und ich habe immer nach Lösungen gesucht, die Verpackungsmaterial einsparen.

Wir profitieren davon, dass der Maschinenbau und die Consumables-Produktion Hand in Hand gehen und wir unsere Kunden 360-Grad betreuen. Durch diese enge Verzahnung und den intensiven Austausch sind viele Nachhaltigkeits-Themen entstanden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

2009 haben wir ein Verfahren entwickelt, bei dem aus Polylactid Acid (PLA, ugs. Polymilchsäure) Bänder hergestellt werden. Leider hat sich PLA in unserer Branche nicht durchgesetzt und es konnten keine Kreisläufe etabliert werden. Haupthinderungsgrund sind regulatorische Vorgaben. Doch wir glauben weiter an das Verfahren, für das wir ein weltweites Patent haben, und warten die Entwicklung in den nächsten Jahren ab.

Mosca bietet unter anderem Umreifungsbänder an und entwickelt im Verbund nachhaltige Verpackungen. Welche Vorteile bieten Ihre umweltfreundlichen Umreifungsbänder im Vergleich zu Klebestreifen?

Die PET-Umreifungsbänder bestehen aus Monomaterialien – PET oder Polypropylen (PP) – die wiederholt recycelt werden – und das 1:1. Wir schreddern die PET-Umreifungsbänder und führen sie direkt wieder der Produktion zu. Für die PP-Bänder benötigen wir zusätzlich einen Recycler, der sie aufbereitet. Aber auch hier werden Materialien verwendet, die sich gut im Kreislauf halten lassen, denn es sind keine Multi-Layer.

Als reiner Karton-Verschluss lässt sich das Band einfach entfernen und in das Recycling für Kunststoffe überführen. Klebestreifen sind je nach Anwendung sicher auch ein großartiges Verpackungsprodukt. Allerdings enthält der Klebestreifen Kunststofffäden, diese verunreinigen die Kartonage und stellen daher im Vergleich zu Bändern keine Handlungshilfe dar. Denn diese Verunreinigung führt im Altpapier-Recycling zu größeren Problemen.

Was verbirgt sich genau hinter Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie mit Ihrem Claim „Nonstop-Performance“?

Wir haben bereits vor zehn Jahren damit begonnen, unsere Kunden zu überzeugen, weniger Materialien in ihrer End-of-Line-Verpackung zu verwenden und energieeffizienter zu arbeiten. Nonstop-Performance meint eine 360-Grad-Betreuung für unsere Kunden – mit Maschinen, Consumables und dem weltweiten 24/7-Kundenservice. Gibt es ein Problem, fährt unser Service zum Kunden und löst es, damit wir gemeinsam mit ihnen optimale und nachhaltige Ergebnisse erzielen.

Seit Herbst 2023 kooperieren Sie mit Interzero. Mit welchem Ziel wurde die Kooperation geschlossen?

Unsere Kooperation mit Interzero ist nicht „geschlossen“, d.h. wir arbeiten nicht exklusiv mit Interzero zusammen. Dieser Zusatz ist mir wichtig, da wir verstärkt Branchenlösungen entwickeln möchten. Es ist notwendig, gemeinsam herstellerunabhängige Kreisläufe nach Produkten zu etablieren. Nur so lässt sich ein hoher Akzeptanzgrad der Kunden sicherstellen und sie sammeln ihre Bandreste sortenrein in einem Big Pack – ganz gleich, wer sie produziert hat.

Aktuell sorgt insbesondere die Diskussion um die PPWR für viel Bewegung im Markt und ich finde leichter Unterstützer. Interzero ist für uns der richtige Partner, der uns begleitet, gemeinsam mit dem Kunden einen Weg zu finden, wie sich Kreisläufe aufbauen und etablieren lassen.

Wie gestalten Sie die Wege hin zur Kreislaufwirtschaft?

Es sind sehr viele Kleinigkeiten zu berücksichtigen, das fängt beim Transport der Bänder an. In den Big Packs verheddern sich die Bänder beispielsweise schnell, was die Verarbeitung in den Recyclingmaschinen erschwert.

Die Lösung sieht so aus: Die Kunden häckseln die Bänder. Wir stellen ihnen die dafür benötige Maschine zur Verfügung, sie das Personal. Interzero holt die zerkleinerten Bänder wieder zurück, die Verrechnung erfolgt über Materialkonten, d. h. wir erhalten Tonnagen und können das Material wieder in unserer Produktion einsetzen.

Bild aus der Produktion der Firma Mosca 2023

Quelle: Mosca GmbH

Hat die Bewegung, die durch die PPWR entstanden ist, also positive Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Nein, zumindest nicht in der aktuellen Fassung: Wir handeln mit Folie und stellen Straps her, diese Produkte wären dann verboten. Ich glaube aber nicht daran, dass die PPWR so verabschiedet wird. Für mich gibt es keine bessere, sicherere und hygienischere Möglichkeit, als eine Palette oder eine Ladeeinheit für Lebensmittel oder Massengüter mit Straps und Folie zu sichern.

Leider fehlen in der PPWR die Lifecycle-Analysen. Aus Nachhaltigkeitssicht müssen Güter unbedingt richtig verpackt werden, da sonst die Abfallmengen zunehmen, insbesondere bei Lebensmitteln. Agieren wir mit Mehrweg, sind noch mehr LKWs auf unseren Straßen unterwegs. Das wird zum einen schwierig, weil es nicht genügend LKW-Fahrer gibt, und zum anderen, weil Brems- und Gummiabrieb die Umwelt belasten.

Dennoch hat die PPWR einige Diskussionen in Gang gebracht und für Bewegung in der Industrie gesorgt. Ich halte dies für eine wichtige Entwicklung, denn gerade die Kunststoffindustrie hat in den letzten 20 Jahren stetig produziert und verpackt, sich aber wenig darum gekümmert, wie Materialien in Kreisläufen geführt werden können.

Grafik zum Status der Kreislaufwirtschaft von Kunststoffverpackung - Recyclingfähigkeit 2017 = 75 %; 2021 = 81 % und Ziel für 2025 = 90 % - Recyclingquote 2017 = 47,1 % und 2021 = 65,5 % - Recyclingmaterial in Kunststoffverpackungen 2017 = 400 kt; 2021 = 467 kt; Ziel für 2025 = 1.000 kt,Eine allgemeine EU-weite Regulatorik würde Vieles einfacher machen: Wenn wir uns europaweit auf ein paar grundsätzliche Wege einigen könnten, wäre es sicherlich möglich, viele Produkte im Kreislauf zu halten. Damit das keine Zukunftsvision bleibt, müssen alle Produzenten, Verbraucher, Sammler und Recycler gemeinsam über mögliche Kreisläufe sprechen.

Nehmen Ihre Kunden den Spirit der Kreislaufwirtschaft auch wahr?

Das ist sehr unterschiedlich. Viele große Unternehmensgruppen fragen konkret nach unseren Lösungen. Hier findet ein spürbares Umdenken statt. In Unternehmen gibt es mittlerweile Nachhaltigkeitsbeauftragte, die diese Themen immer weiter vorantreiben und beginnen, stärker in Prozessketten zu denken. Denn spätestens mit der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichtes ist es notwendig, Prozesse im Hinblick auf ihre Effizienz zu beleuchten. Dazu gehört auch Kreislaufwirtschaft.

Lassen Sie uns noch über ein weiteres Thema sprechen: Sie engagieren sich stark für eine bessere Positionierung von Frauen im Bereich Maschinenbau und in MINT-Berufen. Der Anteil von Frauen im Bereich Maschinenbau ist in den letzten Jahren erfreulicherweise gewachsen. Trotzdem gibt es noch viel Luft nach oben. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Das Interesse und die Entwicklung hin zu mehr Frauen im Maschinenbau lassen sich nicht erzwingen. Wir können aber eine Basis und ein Umfeld erschaffen, in dem die Parameter stimmen. Letztendlich müssen Frauen grundsätzlich entscheiden, ob sie ein Techniktyp sind oder eben nicht, genauso wie Männer. Das sollte in Zukunft keine Geschlechterfrage mehr sein.

Was muss die Industrie konkret tun, um mehr Frauen in diesem Bereich für sich zu gewinnen?

Wir müssen das Thema auf die Agenda setzen und so Interesse wecken. Mosca engagiert sich zum Beispiel bei Boys und GirlsDays. Zudem sind unsere Ausbildungsbotschafter sehr viel in Schulen unterwegs und informieren Jugendliche, welche Ausbildungs- und Studiengänge es in diesem Bereich gibt. Es ist allgemein wichtig, dass junge Menschen möglichst früh mit dem Berufsfeld in Berührung kommen, um bei der Berufswahl auch in diese Richtung zu denken.

Wir haben gerade zwei Maschinenbau-Ingenieurinnen eingestellt – denn in Sachen Vorbildfunktion spielt es auch eine Rolle, dass bei uns schon einige Frauen in MINT-Berufen tätig sind, wie Mechatronikerinnen und technische Produktdesignerinnen. Ich selbst bin für die ein oder andere ein Role-Model gewesen – auch wenn ich dieses Etikett nicht mag. Wenn ich durch unsere Produktionshallen gehe, sehe ich, dass bereits eine Veränderung stattfindet und es sich mehr durchmischt. Dieser Trend wird sich sicherlich fortsetzen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Mosca.

Über Simone Mosca:

Simone Mosca ist CEO der Mosca GmbH und leitet gemeinsam mit ihrem Mann, Timo Mosca, und Alfred Kugler die Geschäfte des Familienunternehmens. Gestartet ist sie 1988 mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau bei einem Maschinenbauunternehmen des Thyssen Konzerns. Anschließend bildete sie sich zur Betriebswirtin weiter. Sie arbeitete zunächst bei einem Maschinenbauunternehmen im Einkauf und übernahm schließlich die Einkaufsleitung. Mit 25 Jahren gründete sie gemeinsam mit einem Entwickler ein Start-Up für elektronische Steuerungen und Komponenten.

Portrait Simone Mosca

Timo Mosca entwickelte Mosca zu einem weltweit tätigen Industrieunternehmen. Während der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 diversifizierte Timo Mosca das Geschäft ins Ausland. In Deutschland übernahm deshalb Simone Mosca die Leitung der Kunststoffbandproduktion im neuen Werk in Muckental. Mit dem Ziel, eine höhere Rentabilität zu erreichen, optimierte sie erfolgreich interne Prozesse.

Mittlerweile treibt sie als verantwortliche Geschäftsführerin für die Bereiche Global Purchasing & Procurement, Global Marketing, Strap & Consumables sowie IT Processes & Organisation unter anderem die Entwicklung neuer Bandlösungen voran.

Mosca Logo Blue Rgb

Über Mosca GmbH:

Als traditionelles Familienunternehmen aus dem Odenwald ist die Mosca GmbH seit 1966 im Bereich Umreifungstechnik und Transportgutsicherung tätig. Das Unternehmen entwickelt effiziente Umreifungsmaschinen, hochwertige Umreifungsbänder und komplexe Anlagen zur Sicherung von Transportgütern. Als Systemanbieter begleitet Mosca seine Kunden von Beginn an mit einem umfassenden und ganzheitlichen Dienstleistungskonzept, um Kundenanforderungen von Anfang an optimal zu erfüllen. Mosca beschäftigt weltweit rund 1.350 Mitarbeitende in 27 Niederlassungen und sieben Produktionsstätten in Deutschland (2), Kanada, Malaysia (2), Spanien und den USA.