Den Kaffeebecher in der Linken, das Croissant in der Rechten, machen sich viele Menschen auf den Weg zur Arbeit. To-Go-Produkte sind fest in der westlichen Esskultur verankert, auch infolge hybrider Lebens- und Arbeitsmodelle. Doch mit dieser Entwicklung wachsen die Anforderungen: Neue gesetzliche Vorgaben, veränderte Verbraucherbedürfnisse sowie Erwartungen an Verpackungen stellen Handel, Gastronomie und Verpackungshersteller gleichermaßen vor Herausforderungen.

In deutschen Haushalten gilt immer häufiger „Die Küche bleibt heute geschlossen“: Wie der BMEL-Ernährungsreport 2024 zeigt, lassen sich 39 Prozent der Befragten mindestens einmal im Monat fertige Gerichte nach Hause liefern. Doch Essen To-Go macht sich nicht nur am heimischen Herd bemerkbar, sondern auch volkswirtschaftlich. Der Markt für Handelsgastronomie, zu dem auch To-Go-Angebote zählen, wächst kontinuierlich. Für das Jahr 2024 beziffert das EHI Retail Institute einen Bruttoumsatz von 12 Milliarden Euro, eine Steigerung um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das klingt nach guten Nachrichten für alle: Die einen sparen sich Zeit und unliebsame Aufgaben, die anderen freuen sich über Wachstum.

Verpackungen To-Go gehören in den Gelben Sack

Stapel gelblicher Wertstoffsack-Müllsäcke, die mit recycelbarem Plastik- und Pappmüll gefüllt sind, warten auf die Abholung.

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Doch so einfach ist es nicht. Die Nudelsuppe zum Mittag braucht schließlich einen Behälter, ebenso wie der Matcha-Latte am Morgen. Kunststoff, gerade im Bereich Lebensmittel, ist da ein wertvolles Material. Es schützt Speisen und Getränke und sorgt dafür, dass die Qualität des Produkts erhalten bleibt. Solange die Behälter richtig im Gelben Sack oder der Gelben Tonne landen, wird er recycelt und somit umweltgerecht weiterverwertet.

Was offenbar nicht die Regel ist: Eine im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführte Studie zeigt, dass achtlos weggeworfene Einwegprodukte aus Kunststoff, darunter To-Go-Becher, Lebensmittelverpackungen und Tragetaschen, die Kommunen jährlich rund 434 Millionen Euro für Sammlung und Reinigung kosten.

Grafik des BMEL zur Außer-Haus-Verpflegung: Demnach nutzten die Befragten mindestens einmal im Monat: 74 % Wirtshaus, Gaststätte oder Restaurant, 23 % Kantine, 39 % die Lieferung fertiger Gerichte.

Ausser Haus Verpflegung Grafik BMEL

Quelle: „Deutschland, wie es isst - Der BMEL-Ernährungsreport 2024“

Einweg boomt trotz Mehrwegalternativen

Beitragsbild Kreislaufwirtschaft E16738617592212023 wurden laut WWF etwa 14,6 Milliarden Einwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Mitnehmen in Umlauf gebracht, rund eine Milliarde mehr als 2022. Damit greifen alle Deutschen im Schnitt je etwa alle zwei Tage zu Getränken oder Nahrung im Einwegbehälter. Recherchen des NDR zufolge verursacht dieses Verhalten täglich 770 Tonnen Verpackungsmüll.

Die ökologischen Herausforderungen, die durch Einwegbehälter entstehen, resultieren aber nicht nur aus dem Material an sich. Denn in der Regel ist dieses gut recycelbar. Problematisch ist, dass diese Verpackungen achtlos weggeworfen werden, oder dass unterwegs keine sortengerechte Trennung möglich ist. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft gelingt jedoch nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, ihre Pflichten wahrnehmen und ein Bewusstsein für die Ressource „Verpackung“ entwickeln.

Die Ausnahme bestätigt die Regel

Kunststoffverpackung Müll Urlaub Recycling Entsorger

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Deswegen besteht auch eine Mehrwegpflicht (laut Packaging and Packaging Waste Regulation, PPWR und der nationalen Umsetzung durch das Verpackungsgesetz) für Produkte zum Mitnehmen. Demnach müssen seit dem 1. Januar 2023 Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, ihre Produkte verpflichtend auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Dies gilt nur für Betriebe mit mindestens fünf Angestellten und einer Fläche über 80 Quadratmeter. Zudem können Verbraucherinnen und Verbraucher frei zwischen Einwegverpackung und Mehrwegalternative wählen.

Trotz der Gesetzeslage bleibt der Anteil an wiederverwendbaren Verpackungen in Deutschland gering. Im Jahr 2023 wurden laut WWF Deutschland rund 0,23 Milliarden To-Go-Produkte in Mehrwegverpackungen verkauft. Das entspricht einem Marktanteil von lediglich 1,6 Prozent, wenn auch mit leichtem Anstieg gegenüber 0,7 Prozent im Vorjahr.

Einweggeschirr aus Kunststoff: Teller, Besteck und Becher aus Plastik können dem Recycling zugeführt werden.

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Doch nicht jedes Gefäß fällt unter diese Regelung: Das Gesetz bezieht sich auf Produkte, die „dafür geeignet oder bestimmt sind, einmal verwendet zu werden und anschließend als Abfall zu verbleiben“ (nach § 2 Abs. 2 EWKFondsG).

Ein Produkt ist zur Einmalnutzung „bestimmt“, wenn es ausdrücklich für den Einweggebrauch konzipiert wurde, wie beispielsweise ein Coffee-To-Go-Becher mit Einwegdeckel. Ein Produkt ist „geeignet“, wenn es typischerweise nur einmal verwendet wird, auch wenn es theoretisch mehrfach einsetzbar wäre. Hier zählt der tatsächliche Gebrauchsmodus oder die gängige Verbrauchspraxis. Ein dünner Kunststoffbehälter, der für Speisen zum Mitnehmen gedacht ist, gilt als geeignet, weil er theoretisch gespült und erneut verwendet werden könnte. Ein Gesetz, das theoretisch breite Spielräume in der Auslegung eröffnet und somit wenig Planungssicherheit bietet.

Von Tortenböden und Nutzungskontexten

Das Umweltbundesamt (UBA) legt jedoch in seinen jüngsten Entscheidungen zunehmend Wert auf den tatsächlichen, praktischen Nutzungskontext – also darauf, ob Produkte „zu Hause“ oder „unterwegs“ verwendet werden – statt allein auf ihre theoretische Eignung. Setzt sich dieser Ansatz fort, könnte er für mehr Klarheit bei Herstellern sorgen und helfen, unnötige Regulierung zu vermeiden. So gelangt die Rechtsprechung im Falle der Verpackung von Tortenboden zu dem Schluss, dass dieser, anders als fertig gebackenes Gebäck, grundsätzlich „geeignet“ ist, direkt verzehrt zu werden. In der Praxis ist er aber eine Zutat für die Zubereitung von Torten und damit nicht für den direkten Verzehr „bestimmt“. Denn diese Weiterverarbeitung findet in der Regel zu Hause statt und nicht unterwegs.

To-Go-Verpackungen: Weitere relevante Gesetze

Eiskaffee mit Milch in einem Einweg-Kunststoffbecher

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Weitere juristische Leitplanken setzt die EU-Einwegkunststoffrichtlinie (EWKRL), die bestimmte Einwegkunststoffe verbietet. Damit verbunden ist die Einwegkunststoffverbotsverordnung, EWKVerbotsV, die Artikel 5 EWKRL in Deutschland 1:1 umsetzt. Diese Regelung untersagt expandiertes Polystyrol (EPS bzw. Styropor), oxo-abbaubare Kunststoffe wie Polyethylen (PET) oder Polypropylen (PP) sowie Polystyrol – und somit viele der geläufigen Angebote im To-Go-Segement für Geschirr, Besteck, Trinkhalme und Lebensmittelbehälter.

Alle sind gefordert

To-Go-Angebote sind Ausdruck eines modernen, westlich geprägten Lebensstils und haben ihre Daseinsberechtigung. Entscheidend ist jedoch, dass die damit verbundenen Verpackungen verantwortungsvoll und nachhaltig gestaltet werden. Dafür braucht es ein faires Zusammenspiel aller Beteiligten – von den Herstellern über den Handel bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Politik. Schlichtes schwarz-weiß-Denken, das Materialien einseitig bevorzugt oder verteufelt, schadet sowohl der Umwelt als auch der Wirtschaft. Ein Gesetzesrahmen, der dieser Realität Rechnung trägt und verlässliche Bedingungen schafft, erleichtert es, gemeinsam tragfähige Lösungen für diesen festen Bestandteil unseres Alltags zu finden.