Anne Kathrin Antic ist geschäftsführende Gesellschafterin der GlobalFlow GmbH, wo sie Nachhaltigkeit mit unternehmerischer Realität verbindet. Für sie sind Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement weit mehr als nur Entsorgungsthemen – sie sind ein zentraler Baustein für nachhaltiges Wirtschaften. Im Interview spricht sie über lineares Denken als größte Hürde der Circular Economy, junge Talente als Stimme der Zukunft und wieso theoretische Lösungen auch in der Praxis funktionieren müssen.
Was begeistert Sie an den Themen Kreislaufwirtschaft und Abfallmanagement?
Mich reizt besonders die Herausforderung, scheinbar wertlose Stoffe wieder in den Kreislauf zurückzuführen – und Unternehmen zu zeigen, dass sie mit durchdachtem Ressourcenmanagement nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher sein können. Besonders spannend finde ich, dass es keine Patentlösungen gibt. Jedes Unternehmen hat eigene Prozesse, Materialien und Herausforderungen. Bei GlobalFlow entwickeln wir deshalb individuelle, umsetzbare Konzepte, die ökologisch sinnvoll und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig sind.
Über Anne Kathrin Antic:
Anne Kathrin Antic ist seit 2015 geschäftsführende Gesellschafterin der GlobalFlow GmbH und Co-Autorin des „Praxishandbuchs Abfallmanagement“. Sie reduziert Kreislaufwirtschaft nicht auf Recycling: Sie sieht sie als wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Herausforderung, die einen echten Systemwandel statt kurzfristiger Lösungen erfordert. Dafür brauche es wirtschaftliche Anreize, politische Weichenstellungen und echte Innovationskraft. Die Digitalisierung könne hierbei ein Gamechanger sein, ob mit digitalen Produktpässen, KI-gestützten Sortiersystemen oder Blockchain-Lösungen für Materialströme. „Der Wandel ist komplex, aber machbar, wenn wir ihn aktiv gestalten“, ist sie sich sicher.

GlobalFlow Anne Kathrin Antic
Was bedeutet Innovation und Transformation für Sie im Kontext einer effizienten Kreislaufwirtschaft – und auf welchen Ebenen leistet Ihr Unternehmen einen Beitrag?
Für mich heißt das zum einen Bestehendes zu optimieren und zum anderen Wertschöpfungsketten neu zu denken. Denn ein effizientes Kreislaufsystem beginnt nicht erst beim Recycling. Es beginnt bereits beim Produktdesign, bei der Materialauswahl, der Logistik und bei Geschäftsmodellen. Hier sind übrigens auch die Verpackungshersteller gefragt: Ich wünsche mir, dass Nachhaltigkeit von Anfang an mitgedacht wird, statt sie als nachträgliche Optimierung zu verstehen. Bei GlobalFlow analysieren wir Abfall- und Rohstoffströme, entwickeln nachhaltige Entsorgungskonzepte und implementieren echte Kreislaufprozesse. Dabei arbeiten wir mit allen relevanten Akteuren zusammen, von Entsorgern über Verpackungsherstellern bis hin zu produzierenden Unternehmen. Unser Fokus liegt darauf, praktikable Lösungen zu finden, die in der Praxis funktionieren, nicht nur in der Theorie.
Über GlobalFlow:
Mit seinem Beratungs- und Mentoringangebot sowie Workshops verbessert GlobalFlow die Schnittstelle zwischen Industrie, Gewerbe sowie Entsorgungsdienstleistern und unterstützt Unternehmen mit nachhaltigen, wirtschaftlichen Lösungen. GlobalFlow optimiert sämtliche für die Entsorgung relevanten Prozesse entlang der Wertschöpfungskette, gestaltet Entsorgungsprozesse effizient sowie umweltverträglich und bringt damit Abfall auf das gleiche Level wie neue Rohstoffe. Um den rechtlichen Aspekt der Entsorgung abzudecken, bildet GlobalFlow zudem Betriebsbeauftragte zu Abfall bzw. Abfallbeauftragten aus.

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Anne Kathrin Antic Nadine Speidel GlobalFlow GmbH
Wo sehen Sie die Kreislaufwirtschaft in zehn Jahren – ist ein geschlossener Kreislauf realistisch?
Wir werden in den nächsten zehn Jahren große Fortschritte erleben: Design for Recycling und damit recycelbare sowie monomaterialbasierte Verpackungen werden zum Standard, der Rezyklateinsatz steigt durch politische Vorgaben und wirtschaftliche Anreize und Recyclingtechnologien verbessern sich weiter. Wiederverwendung, Pfandsysteme und geschlossene Materialkreisläufe werden durch neue Geschäftsmodelle an Bedeutung gewinnen. Dabei sind wir erfolgreicher, wenn Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammenarbeiten. Ein vollständig geschlossener Kreislauf bleibt jedoch eine ambitionierte Vision. Denn es gibt immer Verluste im System, sei es durch Materialdegradation, falsche Nutzung oder ineffiziente Sammelsysteme.
Was sind die größten Herausforderungen beim Übergang zu einer Circular Economy, insbesondere für abfallerzeugende Betriebe?
Die größte Hürde ist das lineare Denken: Viele Unternehmen sehen Abfall immer noch als unvermeidliches Nebenprodukt statt als Ressource. Besonders im Kunststoffrecycling gibt es einige Herausforderungen: Viele Kunststoffe sind komplex aufgebaut, Mischmaterialien erschweren eine hochwertige Wiederverwertung. Solange Primärkunststoff günstiger ist als recyceltes Material, lassen sich Unternehmen nur schwer für Rezyklate begeistern. Hinzu kommt, dass es die Vielzahl an sich ständig ändernden Vorschriften Unternehmen schwer macht, langfristig zu planen und zu investieren.
Welche Verantwortung tragen aus Ihrer Sicht junge Talente für die Transformation zur Circular Economy?
Die „Kunststoffverbesserer“
Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.