Gemeinsam mit Matthias Thesing gründete Marc Diefenbach 2023 die rhinopaq GmbH. Ihre Vision: Den Warenversand abfallfrei, ressourcenschonend und somit deutlich nachhaltiger gestalten. Die Mehrweg-Versandverpackung von rhinopaq macht genau das möglich. Im Interview spricht Diefenbach über das Potenzial von Kunststoff bei Mehrweglösungen, wie Mehrwegverpackungen im Warenversand funktionieren und an welcher Stelle ein Umdenken gefragt ist. 

Was hat euch inspiriert rhinopaq zu gründen?

Problem

Copyright: rhinopaq

Während der Pandemie wurde meinem Mitgründer Matthias Thesing und mir besonders deutlich, wie viel Verpackungsmüll der Versandhandel verursacht: Überquellende Papiercontainer in Wohngebieten waren an der Tagesordnung – schließlich bestellten viele Menschen plötzlich alles von zu Hause aus. Das war für uns der Auslöser, uns intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen. Eine Studie des WWF zeigte uns deutlich die Dimension des Problems: Rund ein Viertel des industriellen Holzverbrauchs entfallen auf Verpackungen. Unsere Vision war von Anfang an klar: Verpackungen sollten nicht nur den Warenversand effizient ermöglichen, sondern so konzipiert sein, dass sie im Kreislauf funktionieren – um wertvolle Ressourcen zu schonen und echten Wandel zu schaffen.

Über Marc Diefenbach

Marc Diefenbach ist Co-Gründer der rhinopaq GmbH. Nach einer abgeschlossenen Ausbildung zum Industriemechaniker, einem Bachelor im Bereich Maschinenbau und einem Master im Bereich Energiesystemtechnik startete er 2014 als Vollzeit-Ingenieur bei der Siemens AG in der Fertigungsdigitalisierung. Von der Motivation getrieben, etwas Neues auf die Beine zu stellen, gründete er Ende 2021 gemeinsam mit Matthias Thesing rhinopaq. „Unsere Vision: In Zukunft wird Verpackung nicht mehr verbraucht, sondern genutzt – mehrfach, intelligent und im Kreislauf. Wir glauben an eine Versandwelt, in der Mehrweg der neue Standard ist – effizient, nachhaltig und zukunftsfähig“, erklärt Diefenbach. 

 

Portrait Heike Vesper © Kathrin Tschirner WWF

Portrait Marc Diefenbach, Co-Gründer rhinopaq

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Wie hat sich das Thema Mehrwegverpackungen im Warenversand in den letzten vier Jahren entwickelt?

Das Thema Mehrweg hat deutlich an Fahrt aufgenommen – durch gesetzliche Vorgaben, ein zunehmendes Umweltbewusstsein und den Wunsch vieler Unternehmen, nachhaltiger zu wirtschaften. Besonders die Diskussion rund um die EU-Verpackungsverordnung (PPWR) hat für viel Bewegung gesorgt. Lange Zeit deutete alles darauf hin, dass eine Mehrwegangebotsquote für den Onlinehandel kommen würde, was der jungen Mehrwegbranche zunächst starken Rückenwind verlieh.

Grafik Versand im E-Commerce - CO2 Emissionen

Copyright: rhinopaq

In der finalen Fassung, die Anfang 2025 in Kraft getreten ist, wurde diese Quote jedoch durch eine Ausnahme für Pappe deutlich abgeschwächt. Die ursprüngliche Ambition wurde damit, offen gesagt, weitgehend entkräftet.

Bereits 2024 zeichnete sich diese Entwicklung ab – für uns ein klarer Wendepunkt. Wir haben entschieden, den Fokus konsequent auf den B2B-Versand zu legen. Denn hier sehen wir die größten Hebel für eine funktionierende Mehrweglösung: Neben dem ökologischen Mehrwert ergeben sich handfeste wirtschaftliche Vorteile. Durch die gebündelte Rückführung der Verpackungen von den Empfangspunkten lassen sich die Rückführungskosten deutlich senken. So gelingt es uns, nicht nur nachhaltiger, sondern auch kosteneffizienter als herkömmliche Einwegverpackungen zu sein.

Warum habt ihr euch für Kunststoff als Verpackungsmaterial entschieden?

Kunststoff hat in der öffentlichen Wahrnehmung häufig ein schlechtes Image – im Kontext von Mehrweglösungen zeigt sich jedoch sein echtes Potenzial: Er ist langlebig, robust, leicht und gut recycelbar. Unsere Verpackungen bestehen zum Großteil aus recyceltem Polypropylen und sind für 20 Umläufe konzipiert. Am Ende des Lebenszyklus führen wir das Material wieder dem Wertstoffkreislauf zu. Gerade in Mehrwegsystemen ist Kunststoff deshalb eine durchdachte und ressourcenschonende Alternative zur Einwegkartonage. 

Eine Verpackung von rhinopaq schafft bis zu 20 Zyklen und sorgt so für 40 Prozent Kosteneinsparung, 95 Prozent Abfalleinsparung, eine CO2-Reduktion von 60 Prozent. Wie gelingen diese beeindruckenden Werte?

Der Schlüssel liegt in der Wiederverwendung. Sobald unsere Verpackungen mehrfach im Umlauf sind, relativieren sich die anfänglichen Kosten-, Energie- und Ressourcenaufwände. Mit jeder weiteren Nutzung werden diese Einsparungen größer. Unter Berücksichtigung der Rückführungslogistik sind unsere Verpackungen in der Regel ab dem dritten Einsatz nachhaltiger als vergleichbare Einwegvarianten. Dass dieser Wendepunkt so früh erreicht wird, liegt unter anderem am geringen Gewicht unserer Mehrwegverpackungen, das auf dem Niveau herkömmlicher Einwegverpackungen liegt.

Boxes rhinopaq

Copyright: rhinopaq

Auch wirtschaftlich bietet unser System klare Vorteile: Durch die gebündelte Rückführung in Sammelcontainern haben wir den größten Kostenfaktor im Mehrwegkonzept – den Rückversand – drastisch reduziert. So können wir unsere Lösung zu vergleichbaren oder sogar günstigeren Konditionen als Einwegverpackungen anbieten. Besonders effizient sind Einsatzbereiche, in denen die Waren ohnehin zurückgehen, wie zum Beispiel bei der Rücksendung von Probengefäßen. Hier erzielen wir Einsparungen von bis zu 40 Prozent.

Über rhinopaq

rhinopaq ist ein 2021 in Essen gegründetes Unternehmen, das sich auf nachhaltige Mehrwegverpackungen für den Warenversand spezialisiert hat. Ziel ist es, klassische Einwegverpackungen durch langlebige, wiederverwendbare Versandlösungen zu ersetzen und den Warenversand abfallfrei und ressourcenschonend zu gestalten für eine nachhaltigere Zukunft und einen geringeren CO₂-Fußabdruck. Die Mehrwegverpackungen können Unternehmen überall dort einsetzen, wo keine besonderen Anforderungen an die Verpackungsart – zum Beispiel Stoßempfindlichkeit oder thermische Isolation – bestehen.  rhinopaq ist ein 2021 in Essen gegründetes Unternehmen, das sich auf nachhaltige Mehrwegverpackungen für den Warenversand spezialisiert hat. Ziel ist es, klassische Einwegverpackungen durch langlebige, wiederverwendbare Versandlösungen zu ersetzen und den Warenversand abfallfrei und ressourcenschonend zu gestalten für eine nachhaltigere Zukunft und einen geringeren CO₂-Fußabdruck. Die Mehrwegverpackungen können Unternehmen überall dort einsetzen, wo keine besonderen Anforderungen an die Verpackungsart – zum Beispiel Stoßempfindlichkeit oder thermische Isolation – bestehen.  

Rhinopaq Logo 250

Rhinopaq Logo

Noch vor kurzem habt ihr Mehrwegverpackungen für Online-Shops angeboten. Hier haben sich Mehrweg-Lösungen noch nicht in der Breite etabliert. Inwiefern und bei wem braucht es ein Umdenken?

Aus unserer Sicht funktioniert eine flächendeckende Mehrweglösung für den Onlinehandel nur, wenn man eine effiziente Rückführlogistik einführt. Einzelrückführungen von Mehrwegverpackungen über den Post- oder Paketweg sind zu kostspielig, als dass man eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung aufbauen könnte. Hierfür würde man eine koordinierende Instanz mit entsprechender Infrastruktur benötigen.  

 Die Etablierung einer Mehrweglösung im Onlinehandel hat man dadurch verpasst, dass man in der EU-weiten PPWR eine Ausnahme für Pappe im Versand erlassen hat. Das hätte den Aufbau einer Infrastruktur für die Rückführung bzw. Neuverteilung der Versandverpackung enorm beschleunigt. Denn eine Verpackung muss ja nicht zwangsläufig immer zum ursprünglichen Versender zurück, sondern könnte ja auch zum nächstgelegenen Bedarfsträger gebracht werden.  

Zudem gab es starke Bemühungen Standards zu definieren. Mit den Ausnahmen für Kartonage sind unserer Wahrnehmung nach diesen Bemühungen ins Stocken geraten und zum Teil gänzlich eingefroren. Nun muss sich eine solche Infrastruktur organisch entwickeln, was eine deutlich höhere Risikobereitschaft eines etablierten Unternehmens wie etwa den üblichen Paketdienstleistern abverlangt. 

Wie wird Mehrweg zu einer echten Alternative im Sinne einer Kreislaufwirtschaft, und welche Vision habt ihr für den Versandhandel der Zukunft?

Mehrweg muss wirtschaftlich sinnvoll, digital anschlussfähig und logistisch praktikabel sein – dann wird es zur echten Alternative. Unabhängig davon, ob regulatorische Impulse wie durch die PPWR kommen oder nicht: Wir sind überzeugt, dass sich Mehrweglösungen im Warenversand durchsetzen werden. Sie sind resilienter, da sie weniger abhängig von Rohstoffpreisen und globalen Lieferketten sind – ein klarer Vorteil in unsicheren Zeiten. 

Zudem stehen wir mit Mehrweg im alltäglichen Warenversand erst am Anfang. Im Vergleich zur Einwegverpackung steckt hier noch enormes Innovationspotenzial – technologisch, ökologisch und ökonomisch. Wir sind überzeugt: In ein paar Jahren werden wir zurückblicken und uns fragen, warum wir jemals Verpackungen hergestellt haben, die nur zwei oder drei Tage genutzt wurden, bevor sie unter hohem Energieaufwand recycelt werden mussten.

Die „Kunststoffverbesserer

Sie sind die aufstrebenden Talente in der Welt der Kunststoffverpackungen – jung, ambitioniert und mit Lust auf Transformation. Sie entwickeln neue Produkte, stehen für eine veränderte Unternehmenskultur und prägen die Branche maßgeblich, obwohl sie erst am Anfang ihrer Karriere stehen. Deshalb widmet die IK ihnen mit der Interview-Serie „Kunststoffverbesserer“ ein eigenes Format.