Das Doppel Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit spielen nicht nur für die Politik eine Rolle – beispielsweise beim Green Deal der EU oder dem Verpackungsgesetz in Deutschland.
Auch Unternehmen und Verbände der Industrie suchen und finden Antworten – etwa in zukunftsweisenden Recyclinganlagen oder Vorschlägen zu Quotenregelungen für Rezyklate. Die aktuellen Technologieentwicklungen lassen auf weitere rasche Fortschritte aus der Industrie hin zu mehr Nachhaltigkeit und Effizienz schließen.
Vom Green Deal zum Sustainable Deal
Die EU hat der Kreislaufwirtschaft in ihrem „Green Deal“ eine zentrale Rolle zugewiesen: Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Als Resultat ergeben sich Novellierungen für das deutsche Verpackungsgesetz: Ab Juli diesen Jahres werden Wegwerfprodukte aus Plastik wie Einwegbesteck verboten und von 2023 an muss auch die Gastronomie Essen und Getränke zum Mitnehmen in Mehrwegbehältnissen vorhalten. Zudem gibt es Neuerungen bei der Pfandpflicht, unter anderem werden Getränkedosen ausnahmslos pfandpflichtig.
Diesen politischen Zielen stimmen auch Vertreter der Industrie zu: So will die chemisch-pharmazeutische Industrie zu den übergeordneten Zielen des Green Deal beitragen und bekennt sich zum Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050. In seinem Statement verweist der Verband der Chemischen Industrie e.V. allerdings darauf, dass es Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit durch marktwirtschaftliche Impulse sowie gute Standortbedingungen braucht, um dieses Ziel zu erreichen – einen Sustainable Deal.
Ebenfalls Gedanken zu einer nachhaltigen Zukunft hat der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA, Frankfurt am Main) skizziert: Er schlägt vor, eine Quotenregelung für Rezyklate und CO₂-Bepreisung für Kunststoffprodukte zu etablieren. Ziel wäre es, Kunststoffe mehrfach einzusetzen, was zu einer Reduktion der CO₂-Bilanz beitrüge.
Damit sorgt er für ein gemischtes Echo in der Branche. PlasticsEurope etwa wertet die Initiative als „Vorpreschen“, die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) spricht sich gegen eine verbindliche Quotenregelung aus. Und der Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V. schlägt vor, Rezyklate direkt zu fördern.
Einigkeit herrscht dagegen darüber, dass es in vielen Bereichen ohne Kunststoff nicht geht – beispielsweise bei bestimmten Lebensmitteln oder in der Labor- und Medizintechnik. So herrscht in manchen Wirtschaftsbereichen bereits ein Mangel an geeignetem Kunststoff. Denn: Recyceltes Material eignet sich nicht ohne Weiteres für alle Anwendungen. Darüber hinaus gibt es eine gestiegene Nachfrage nach Kunststoff aus Asien und aus der hiesigen Automobilindustrie, Produktionsstopps durch Ausfälle oder Wartung sorgen ebenfalls für Verknappungen.
Zusammenarbeit für mehr Nachhaltigkeit
Mehr denn je steht das Thema Ressourcenschonung auf der Agenda von Politik und Wirtschaft. Die Kunststoffindustrie selbst kennt die Relevanz der Kreislaufwirtschaft, geht es doch um die Zukunftsfähigkeit der Branche sowie deren Leistung im Bereich Klimaschutz: Mit Innovationen wie EcoDesign, chemischem Recycling und neuen Sortiertechniken leistet die Branche ihren Beitrag.
Die Fachzeitschrift Plastverarbeiter beispielsweise begleitet die Themen mechanische und chemische Recyclingtechnologien auf ihren Seiten. Die Redaktion hat anlässlich des Global Recycling Day am 18. März die spannendsten Meldungen in einem Text zusammengefasst.
Premiere feierte an diesem Tag auch der Film „Tobi Krell erklärt: Die richtige Mülltrennung“. Dieser Informationsfilm der Initiative „Mülltrennung wirkt“ entstand in Kooperation mit Tobias Krell, alias „Checker Tobi“, aus der gleichnamigen TV-Sendung. Dass derartiges Wissen zur Umweltbildung gehört, bestätigen laut einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der dualen Systeme auch 89 Prozent der Deutschen. Zu Hintergründen rund um Kunststoff-Recycling und -Verwertung generell können sich Interessierte auch im Newsroom.Kunststoffverpackungen informieren.
Circular Economy für Verpackungen
Nachhaltigkeit funktioniert am besten, wenn alle beteiligten Akteure an einem Strang ziehen. Und so haben sich mit der Arbeitsgruppe Verpackung 20 Mitgliedsorganisationen aus Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammengefunden, um ein gemeinsames Zielbild 2030 und Handlungsempfehlungen hin zu einer Circular Economy für Verpackungen zu erarbeiten.
Ziel ist es, übergreifend zu arbeiten und Anreize sowie Nutzen der Kreislaufwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erarbeiten. Welche Herausforderungen mit dem Werkstoff Kunststoff dabei verbunden sind, wie eine bessere Kreislaufwirtschaft gelingen kann und warum lokale Lösungsansätze so wichtig sind, darüber spricht Alfred Stern, bis zum 31. März Vorstandsvorsitzender von Borealis und jetzt Vorstand beim Öl- und Gaskonzern OMV AG, im Interview mit dem Newsroom.Kunststoffverpackungen.
Auch Jörg Deppmeyer vom Grünen Punkt informiert im Videointerview mit Packaging Journal darüber, wie gut sich bestimmte Verpackungen recyceln lassen, welche Rolle Verpackungsdesign spielt und wie Hersteller von nachhaltigen Verpackungen profitieren können.
Innovationen für Recycling und Nachhaltigkeit
Dass die Industrie in die Zukunft blickt und kontinuierlich an der Entwicklung neuer Technologien und Verfahren arbeitet, das zeigen auch aktuelle Innovationen im Recycling. So ging beispielsweise im rheinland-pfälzischen Lahnstein eine Pilotanlage für mechanisches Recycling an den Start: Hier sollen hoch qualitative Werkstoffe entstehen und neue Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung verfügbar gemacht werden. Die Anlage ist ein gemeinsames Projekt von Borealis, Tomra und Zimmermann.
Auch der Essener Chemiekonzern Evonik engagiert sich für die Kreislaufwirtschaft: Das Unternehmen plant mit Additiven und Recyclingtechniken im Jahr 2030 rund 350 Millionen Euro zu erlösen. Eine Innovation beim chemischen Recycling ist Neste in Finnland gelungen. Dort hat das Unternehmen mit 400 Tonnen erstmals verflüssigte Kunststoffabfälle in großer Menge verarbeitet. Doch nicht nur durch Recycling leisten Kunststoffe ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit. Tatsächlich trägt das Material schon in der Phase, in der es genutzt wird, zum Klimaschutz bei. Mit Kunststoff werden empfindliche Produkte geschützt, zudem verursacht das Material im Vergleich mit anderen Stoffen weniger CO2-Emissionen.
Im Alltag spielen Verpackungen derzeit gerade bei Speisen zum Mitnehmen eine große Rolle. Oft kommt dabei Einweggeschirr zum Einsatz – mit entsprechenden Folgen für die Umwelt – auch dann, wenn Teller, Besteck und Becher aus pflanzlichen Materialien bestehen. Das Unternehmen Rebowl tritt dem mit einem Pfandsystem entgegen.
Die KHS Gruppe aus Dortmund wiederum realisiert eine nachhaltige Alternative im Bereich der Sekundärverpackungen: die Möglichkeit, mit KHS-Schrumpfpackern auch Folie aus 100 Prozent Recyclingmaterial zu verarbeiten. Und das Mainzer Unternehmen Werner & Mertz stellt Produktverpackungen insbesondere für den Drogeriebereich her, die sich bereits zu 50 Prozent aus Plastik aus dem Gelben Sack zusammensetzen.
Nachhaltig in die Zukunft
Viele Menschen versuchen heutzutage Plastik zu vermeiden. Nichtsdestotrotz erfüllt das Material für viele Produkte eine Schutzfunktion und erweist sich mitunter als emissionsärmer als andere Materialien. Tatsächlich würde die Umweltbilanz des Konsums ohne Plastik sogar deutlich schlechter ausfallen.
Diese beiden Meinungspole hat beispielsweise auch „Ihre Chemie“ in der Online-Diskussion „Plastik: In Zukunft ohne?“ erörtert.
Zudem ist die Verschmutzung der Meere durch Plastik derzeit ein vielbesprochenes Thema. Im Webtalk „Weniger ins Meer“ diskutierten Gesine Meißner, Vorsitzende des deutschen Komitees für die UN-Dekade der Ozeane, Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer von PlasticsEurope Deutschland, und Timothy Glaz, Leiter Corporate Affairs von Werner & Mertz, zum Zusammenwirken von Politik, Herstellern und Verbraucher:innen bei den Themen Plastik, Meer und Alltagspraxis.
Auch Hersteller flexibler Verpackungen machen sich für eine nachhaltige Entwicklung stark – und spielen eine Schlüsselrolle beim Thema Nachhaltigkeit. Im Interview mit dem Newsroom.Kunststoffverpackungen spricht Guido Aufdemkamp, Executive Director von Flexible Packaging Europe (FPE) darüber, wie sich flexible Verpackungen positiv auf die Reduktion der globalen Erwärmung auswirken. Dass Plastik oft nachhaltiger als andere Materialien ist, zeigt zudem ein Beitrag des Deutschlandfunk Nova auf, der sich mit dem ökologischen Fußabdruck von Textilien beschäftigt.